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15.12.2020

Missing Linz I: Stahlstadtkind auf Mini-Urlaub

Die Journalistin und Autorin Barbara Nothegger verbrachte ihre Jugend in Linz. Ans Ausgehen und an die Live-Musikmomente der 1990er erinnert sie sich besonders gern. Ihrer Meinung nach enthüllte Linz09, was schon lange da war: eine lebendige Kulturszene. Und dann waren da noch tausend Linzer Torten ...

Barbara, wie war es, Anfang der 1990er Teenager in Linz zu sein?

Ich erinnere mich vor allem ans Ausgehen in der Altstadt. Ich war umgeben von Musik, liebte die Konzerte in der Kapu, in der Stadtwerkstattoder im Posthof. Viele Musiker dieser Zeit sind später auch außerhalb der Linzer Szene bekannt geworden, Texta zum Beispiel. Die frühere Fortgehzone in der Altstadt hatte den Ruf, dass dort nur B'soffene unterwegs sind. Das hat sich total gewandelt. Viele Cafés zum Frühstücken und kleine, alternative Shops sind in den vergangenen Jahren entstanden.
Wir waren meist eine große Runde, gingen zum „Vorglühen“ gerne auf den Schlossberg oder an die Donaulände und danach in die Kartause. Wie schade, dass die Kartause, als wir mit 18 oder 19 Jahren nahezu geschlossen zum Studieren nach Wien zogen, für immer zusperrte.

Du bist nicht wieder aus Wien zurückgekommen. Hast du manchmal Sehnsucht?

Ja, schon. Aber mit anderen Bedürfnissen als jenen in meiner Jugend. Ich mag Linz sehr gerne und besuche alle zwei, drei Monate Freunde oder Familie. Linz hat eine gute Größe und gleichzeitig viel Wasser und Grün. Im Gegensatz zu Wien ist Linz eine Wasserstadt, verwoben mit der Donau. An der Donaulände gibt’s Sportmöglichkeiten, Cafés oder das Parkbad mit spektakulären Platanen – ein Mini-Urlaub inmitten der Stadt.
Auch die Berge rund um Linz sind schnell erreicht. Mit meinen Kindern bin ich oft mit der steilen Zahnradbahn vom Hauptplatz auf den Pöstlingberg gefahren, um dort eine Runde mit der Grottenbahn zu drehen und den Ausblick über die Stadt zu genießen. Aber auch Pfenningberg, Bachlberg oder Froschberg sind nah genug, um zu Fuß einen Mostheurigen zu erwandern.

War eine Heimkehr nach Linz nie eine Option für dich?

Ich habe nach dem Studium schnell begonnen als Journalistin zu arbeiten und auch mein Partner hatte einen Job in Wien. Jetzt frage ich mich manchmal, warum wir über diese Option gar nie ernsthaft nachgedacht haben. Gute Jobs gibt’s in Linz, das wäre nicht das Problem. Die zahlreichen großen Industriebetriebe, die voestalpine ist nur einer davon, bieten gute Möglichkeiten Karriere zu machen.

Was machst du, wenn du Linz besuchst? Gibt’s Fixpunkte oder Rituale?

Samstags gehe ich oft mit meiner Mutter auf den dbahnhofmarktund danach auf einen Kaffee. Je nach Lust und Laune zieht es uns ins entzückend-kleine Friedlieb und Töchter oder ins traditionelle Traxlmayr. Und wenn ich danach durch die Herrengasse bummle, einer Seitenstraße mit kleinen, feinen Geschäften, komme ich nicht an Kleider machen Leute vorbei. Den gut sortierten, übersichtlichen Shop führen Freunde von mir. Außerdem gehe ich in Linz gerne ins Museum. Erst kürzlich besuchte ich mit meinen Kindern im Schlossmuseum die Ausstellung „Natur Oberösterreich“, bei der uns nicht nur der neun Meter große Riesenhai imponierte.

Linzer Altstadt Spaziergang

Welche Ereignisse sind Anlass nach Linz zu fahren?

Das Ars Electronica Festival, das Pflasterspektakel Ende Juli und die Klangwolkeim September notiere ich mir im Kalender. Linz ist eine Kulturstadt geworden. Sie war schon in meiner Jugend lebendig, doch seit Linz 2009 europäische Kulturhauptstadt war, ist das auch nach außen hin offiziell geworden. Ich mag Linz im Sommer besonders gerne. Es ist so entspannt und ein bisschen frischer als in Wien. Zumindest empfinde ich das so.

Gibt’s etwas, das dich an Linz stört?

Ja, der Verkehr. Die Pendlerstaus sind oft gigantisch. Soweit ich weiß, gibt es Ausbaupläne des Verkehrsnetzes.

Was denken Nicht-Linzer über die Stadt, was strahlt sie aus?

Die Kultur- und Kunstszene in Verbindung mit dem Ars Electronica, also neuen Technologien, hat große Strahlkraft. Auch der Charme der Industriestadt dringt nach draußen.

Du setzt dich als Journalistin mit den Themen Immobilien und Architektur auseinander. Wie siehst du die Entwicklung diesbezüglich in Linz?

Ich finde die alte Tabakfabrik ist ein gutes Beispiel. In einer brachliegenden Industrieanlage ist ein Startup-Hub entstanden, ein Biotop der Kreativität. Auch der Bau des Lentos, der an der Donaulänge lange umstritten war, passt zu Linz: futuristisch, an der Donau, ich mag es gern.

Typisch Linz ist für dich ...?

Die Linzer Torte klarerweise. In meiner Jugend habe ich sonntags und in den Ferien tausende Linzer Torten verkauft. Während ich in der Konditorei Jindrak Donauradweg-Touristen bediente, machten die Jungs im Freundeskreis ein Praktikum bei der VÖST (Anm. heute voestalpine). Das ist auch typisch Linz.

Portrait Barbara Nothegger

Barbara Nothegger (*1978) ist 1996 von Linz nach Wien gezogen. Sie ist Journalistin im Bereich Wirtschaft (u.a., „Format / Trend“, „Die Zeit“, „Kurier“ und jetzt bei der  Verlagsgruppe Fleisch) sowie Autorin des Buchs „Sieben Stock Dorf. Wohnexperimente für eine bessere Zukunft".

 

Ein Blogbeitrag von "jungs kommunikation"

Titelbild: ©Johann Steininger

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