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Average wuchs im Süden von Linz auf.
20.08.2021

Missing Linz 9: Markus Ebner aka Average

Der MC Markus Ebner aka „Average“ zählt zu den international erfolgreichsten Exponenten des österreichischen Hiphop. Aufgewachsen in Linz, schlägt sein Herz immer noch für die Stadt "ohne Schnickschnack und Klischees".

Den Linzer kriegt keiner aus mir raus

Der MC Markus Ebner aka „Average“ zählt zu den international erfolgreichsten Exponenten des österreichischen Hiphop. Seit seinem Auftritt im Video „Linz ist Linz“ – „ohne Schnickschnack und Klischees“ – und als Plakatmodel – „Linz ist eintönig“ – nehmen ihn auch Menschen wahr, die sich nichts aus Rap machen. Ein Gespräch über die Kindheit im Linzer Süden und das Eintauchen in die städtische Hiphop-Szene, über die Vaterfigur Harald „Huckey“ Renner und über Stadtteile, die sich zu entdecken lohnen.

Beginnen wir beim aktuellen Aufreger. Du bist Teil des gleichermaßen erfolgreichen wie umstrittenen Videos „Linz ist Linz“, dein Konterfei ziert auf Plakaten das Stadtbild. Wie kam es dazu, und was bedeutet das alles für dich?

Mit den Masterminds von FORAFILM habe ich schon mehrfach kooperiert. Dinko Draganovic hat mein erstes richtiges Video „Spaßfreie Zone“ produziert, bei einer weiteren Produktion von FORAFILM habe ich als Sprecher fungiert. Für „Linz ist Linz“ wollten sie mich als Rapper dabeihaben, der die Stadt repräsentiert. Ich bin begeistert über die Umsetzung. Dass es derart viral geht, hat mich trotzdem überrascht. Ein konventionelles, auf „schön“ gemachtes Video, hätte das nie geschafft. Ich glaube, insgeheim taugt es vielleicht auch dem Bürgermeister, selbst wenn er im Wahlkampf Sätze wie „Linz ist ein bisschen rassistisch“ nicht erklären will. Für mich persönlich ist das Video ein Promo-Glücksfall. Welcher Rapper schafft es sonst auf die Start- und Titelseiten führender deutschsprachiger Medien? Ich habe extrem viele positive Rückmeldungen bekommen. 

Average auf dem aktuellen Linz ist Linz-Sujet.

Im Video kokettiert Linz damit, nicht perfekt zu sein. Was macht die Stadt für dich trotzdem liebenswert?

Im Bereich der Subkultur-Szene, der ich meinen künstlerischen Werdegang verdanke, war Linz immer schon die Kulturhauptstadt, schon lange vor LINZ 09. Hier kennt jeder jeden, niemand muss sich vor jemand anderem fürchten, wechselseitiger Respekt, Support und Kooperation über Genre-Grenzen hinweg sind die Währung dieser Szene. Das sucht man in anderen deutschsprachigen Städten in dieser Dichte vergeblich. Ich mag die Unaufgeregtheit der Stadt, der Claim aus dem Video – „ohne Schnickschnack und Klischees“ – trifft es auf den Punkt. Ein von den rauchenden Schloten der VOEST orange-violett gefärbter Himmel ist mir tausendmal lieber als jedes imperiale Gebäude, als jedes kulturhistorisch bedeutsame Must-See. Mir taugt auch die kompakte Größe der Stadt, in der sich die unterschiedlichen Nuancen der einzelnen Stadtteile erfahren lassen – vom Zöhrdorfer Feld bis Alt-Urfahr Ost. Gemessen an seiner Größe ist Linz trotzdem eine hochexplosive, vor Kreativität und Innovation sprühende Stadt.

Wie bist du selbst Teil der Linzer Szene geworden? Wie verlief dein Weg vom Linzer Süden in die Hall of Fame des heimischen Hiphop?

Ich bin in der Papageiensiedlung in Linz-Oed aufgewachsen, habe die Hüttnerschule und dann die HAK Traun besucht, beide hatten damals nicht den besten Ruf. Bereits in der Hauptschule kam ich erstmals mit Hiphop in Berührung. Meine Schwester besaß zudem einige Tapes von Artists wie Onyx, Kris Kross und anderen. Das hat einen Freund und mich im Alter von 12 oder 13 Jahren ermutigt, mit dem Rappen anzufangen und mittels Stereoanlage erste Aufnahmen zu machen. Ein Betreuer aus dem Jugendzentrum Atlantis hat mir dann etwas professionellere Aufnahme- und Auftrittsmöglichkeiten angeboten. Zugleich habe ich begonnen, das deutsche Hiphop-Magazin JUICE zu lesen, das immer Sample-CDs beiliegen hatte. Da hat mich, den Eminem-Fan von damals, eine deutschsprachige Nummer elektrisiert. Sie hieß „Text versus Autor versus Hörer“ und stammte von einer mir unbekannten Crew namens Texta. Ich hab’s kaum gepackt: Das waren Linzer! Ich hab mir dann deren gesamten Werkkatalog reingezogen und war fortan ein Fan – Autogramme der Crew auf meinem Rucksack inklusive. Irgendwann ergab sich die Möglichkeit eines Auftritts im Jugendzentrum „come together“ (heute: Ann & Pat). Eine Offenbarung für mich: IN der Stadt zu rappen, jenseits von Keferfeld und Bindermichl. Auf den Plakaten stand ich als Support-Act von DJ Dan von Texta. Ein Traum ging in Erfüllung, als auch Texta-MC Huckey aka Harald Renner zum Konzert auftauchte. Ich bat ihn spontan, mit mir zu rappen – und er sagte zu. DJ Url war ebenfalls vor Ort, lud mich danach regelmäßig in sein Studio ein und nahm mich unter seine Fittiche. Gemeinsam produzierten wir als „Die Au“ erste Demos. DJ Urls Studio war der Treffpunkt der Linzer Hiphop-Szene, im lockeren Austausch starteten dort zahlreiche Koproduktionen. 2007 dufte ich beim Song „Jugend ohne Kopf“ auf dem Texta-Album Paroli mitrappen, 2009 kam es zum ersten richtigen Release. Huckey und ich transferierten mit einigen anderen die Geschichten des Struwelpeter ins Heute. Titel: „Ganz schön hässlich“.

Welche Rolle spielte der 2018 verstorbene Texta-Mitgründer Huckey für deine künstlerische Entwicklung?

Eine riesengroße. Huckey war die Verkörperung des Hiphop-Konzepts von Respekt und Support. Er hatte stets ein offenes Ohr für die gesamte Linzer Szene, kümmerte sich um den Nachwuchs, Berührungsängste waren ihm fremd, er konnte zu jedem eine Gesprächsbasis herstellen. Er war, da mein eigener Vater früh verstarb, fast wie eine Vaterfigur für mich. Seine solidarische Grundhaltung, sein Einsatz für Underdogs, aber auch seine ausgefeilten poetischen Rhymes haben mich zutiefst geprägt. Ich werde ihm dafür ewig dankbar sein. Dass die Stadt Linz den Platz vor der KAPU nach ihm benannt hat, finde ich großartig, tröstet aber kaum über den Verlust dieses Szene-Großgeists hinweg. Leider sehe ich gerade niemanden, der oder die in seine Rolle schlüpfen könnte. Ich versuche Huckeys Erbe insofern weiterzutragen, als ich immer wieder Workshops für junge Hiphop-Artists gebe und versuche, ihre Talente weiterzuentwickeln. Außerdem gibt’s immer mal Crossover-Projekte in der Linzer Szene, zum Beispiel lasse ich es mit der Band folkshilfe „Schewan“.

Die Musiker Average und Raddish
Average zählt zu den großen österreichischen Hip Hop-Künstlern.
Zwei großartige Linzer Musiker, Huckey und Average.

Gibt es im Hiphop so etwas wie den Linzer Sound?

Auf jeden Fall. Und er wurde wesentlich durch Huckey bzw. Texta geprägt: Melodiös, groovig, sehr sprachverliebt – und immer mit Thema und Message. Ich persönlich habe über die Musik meine Liebe zur Sprache entdeckt. Vor allem Französisch, das ich auch studiert habe, hat’s mir angetan. Die flexible Mischung aus kantig und rund, hart und poetisch-erotisch inspiriert meine eigenen Texte. Bei jüngeren Hiphop-Acts – auch in Linz – bemerke ich eine gewisse Anpassung an Spotify-Kriterien. Das Album und ein dahinterliegendes Konzept treten zurück hinter die monatliche Reichweite einzelner Songs im Zweieinhalbminutenformat. Es ist aber voll ok, wenn mich als 32-Jährigen nicht mehr jede Herangehensweise der neuen Schule abholt.

Wie geht es dir mit Linz, seit du 2010 nach Wien ausgewandert bist?

Ich bin zum Studium nach Wien und beruflich dort hängengeblieben. Mein Teilzeitjob in einer Agentur lässt mir die nötige Freiheit für meine künstlerischen Ambitionen, die nach wie vor stark mit meiner Stadt, mit Linz verknüpft sind. Bis zur Geburt meines Sohnes war ich jedes zweite Wochenende dort. Wien ist als Lebensmittelpunkt ebenfalls toll, aber den Linzer in mir kriegt keiner raus. Mir geht buchstäblich das Herz auf, wenn ich in Linz ankomme.

Angenommen, du könntest eine Zeit lang, das Amt des Bürgermeisters in Linz ausüben, was würdest du an deiner Stadt verändern?

Puh. Diese Frage habe ich befürchtet. Ich würde mich am ehesten auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs konzentrieren. Meiner Meinung nach braucht Linz eine attraktivere Verbindung zwischen Süd und Nord, von Ebelsberg bis zur Universität, am besten eine Schnellbahn oder U-Bahn.

Wenn deine MC- und DJ-Freunde aus Marseille, Hamburg oder Italien dich in Linz besuchen, wohin gehst du mit ihnen?

Tagsüber würde ich einfach mit ihnen durch die schönen Gassen der Stadt flanieren. Den Höhenrausch-Ausblick auf die Dächer von Linz nehmen wir ebenso mit wie einen Ausflug zum Mural Harbor. An heißen Tagen kann man zwischen zwei coolen Seen wählen, die trotz ihrer Wasserqualität immer einen Besuch wert sind. Abends heißt es, einfach mit Freunden abhängen: am OK-Platz, auf den Aussichtsterrassen am Pöstlingberg oder beim Schlossmuseum. Außerdem würde ich umsetzen, wovon ich in meiner im Mai 2021 releasten Single „15 km/h“ erzähle: bedachtsam mit dem Auto durch die Stadtteile von Linz zu cruisen. Sie sind alle sehensWÜRDIG.

Der Linzer Hip-Hop Künstler Average

Markus Ebner wurde 1988 in Linz geboren und wuchs im Süden der Stadt auf. Bereits als Mittelschüler infizierte er sich mit dem Hiphop-Virus. Seit 2007 ist er als MC „Average“ fixer Bestandteil der Linzer Rap-Szene. Mit Releases wie dem Album „Pont“ und Singles wie „Jetzt mal unter uns“ „Norma“ oder „Kids“ gehört er mittlerweile zu den stilprägenden Hiphop-Artists im deutschen Sprachraum und gilt als begehrter Projektpartner internationaler Produktionen. Markus Ebner studierte Französisch, lebt in Wien und ist Vater eines Sohns.

Ein Blogbeitrag von die jungs kommunikation.

Titelbild: ©Jürgen Grünwald

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