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Schauspielerin Maria Hofstätter im Portrait.
02.06.2021

Missing Linz 7: Aufbruch in eine neue Zeit

Schauspielerin Maria Hofstätter hat als Jugendliche in Linz zum ersten Mal Stadtluft geschnuppert. Im Interview erzählt sie von ihrem Eintauchen ins Kunst- und Kulturgeschehen zwischen Alt-Urfahr und Alter Welt, von der Aufbruchsstimmung der Linzer Szene und ihren ersten Bühnenerfahrungen.

Maria, du bist in Linz zur Schule gegangen, bist hier das erste Mal auf einer Bühne gestanden. Wie hast du die späten 1970er, frühen 1980er Jahre in der oberösterreichischen Hauptstadt erlebt? Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Wir waren damals der erste Jahrgang im neuen BORG im Lentia . Wir hatten sehr junge Lehrer – die frischen „68er“, die gerade selbst aus dem Studium gekommen sind. Für mich war es der Wechsel von einer eher dörflichen und konservativen Umgebung in eine andere Welt. Das erste Mal Stadtluft atmen, das erste Mal Kunst und Kultur in vollen Zügen wahrnehmen, mit vielen neuen, prägenden Erlebnissen. Ich erinnere mich genau an die erste Klangwolke 1979, mit Bruckners Achter, ein Erweckungserlebnis! Alle haben die Radios in die offenen Fenster gestellt, damit die Klangwolke wirklich in der ganzen Stadt zu hören ist. Für mich als damals 15-Jährige ein unglaubliches Ereignis!
Es war generell eine Zeit des kulturellen Aufbruchs in Linz: Das Ars Electronica Festival, die riesige Designausstellung Forum Design 1980, die Neue Galerie, die zunächst auch im Lentia untergebracht war, das Café Landgraf mit seinen Konzerten, Alt-Urfahr. Das alles war für mich spannend und neu.

Der Stadtteil Alturfahr am Flussufer.
Die Metallskulpturen im Donaupark

Dennoch war der Weg nach Wien für dich klar?

Ich wollte immer in eine größere Stadt und Geschichte studieren, das wäre in Linz nicht möglich gewesen. Also bin ich nach der Matura nach Wien gezogen, habe aber parallel zum Studium mit dem Kabarett begonnen. Da war für mich Linz in den ersten Jahren das künstlerische und kulturelle Zuhause.

Wie können wir uns die Kulturszene in Linz in dieser Zeit vorstellen?

Es hat sich irrsinnig viel getan in der Stadt. Der Posthof wurde eröffnet, das Theater Phönix, die Stadtwerkstatt. Die 80er Jahre waren wirklich geprägt von einer kulturellen und künstlerischen Aufbruchstimmung in Linz und Umgebung und es wurden wichtige Pflöcke eingeschlagen. Auch die vielen kleinen Kulturveranstalter am Land und die KUPF sind in dieser Zeit entstanden. Davor gab es zum Beispiel kaum Kabarett am Land. Das kann man sich heute fast nicht vorstellen, weil Kabarett mittlerweile so ein Massenphänomen geworden ist. Und man durfte selbst so blutig beginnen! Man musste noch niemand sein und noch nichts können! Da tun mir die jungen Leute manchmal leid, die heute auf die Bühne wollen. Die haben es viel schwerer.

Der Posthof im Hafen ist Zentrum der jungen Kultur.

Woran liegt das deiner Meinung nach?

Früher war das Publikum bereit, etwas zu entdecken. Kulturereignisse mussten nicht, so wie heute, fünfmal groß in den sozialen Medien angekündigt und empfohlen werden, damit man überhaupt hingeht. Damals war es eher umgekehrt: Man wollte etwas sehen und erleben, das noch niemand kannte. Dadurch hat man sich natürlich auch viel Blödsinn angeschaut, aber das war egal. Heute ist das Angebot viel größer. Nicht nur auf den Bühnen, sondern auch durch TV, Internet, Streaming-Möglichkeiten. Es wird schwerer, die Leute wohin zu locken. Corona vergrößert die Schwierigkeiten zusätzlich. Für junge Menschen, die heute auf eine Bühne wollen, fällt weg, was für uns am Anfang so wichtig war: sich ausprobieren dürfen, ohne gleich Höchstleistung bringen zu müssen. Der Druck ist heute größer.

Wie sahen deine ersten Bühnenerfahrungen aus?

Ich habe mit Kabarett begonnen, bin mit Franz Altmann und Clemens Andel als „Wahn&Witz“ auf der Bühne in Erich Bellos „Alter Welt“ gestanden. Diese Bühne durften wir im wahrsten Sinn des Wortes als Spielplatz nutzen, und konnten nach Belieben experimentieren. Ähnlich ist es gelaufen, als ich im Freien Theater zu produzieren begonnen habe. Auch hier war am Anfang Linz wichtig für mich. Wir durften zum Beispiel im Sommer im Posthof proben und dort die erste Serie einer neuen Produktion spielen. Das war eine spannende Zeit.

Was magst du an Linz besonders? Oder anders gefragt: Was ist für dich typisch Linz?

Linz war immer eine Arbeiterstadt und keine klassische Tourismusstadt wie Salzburg. Das hab ich immer gemocht. Linz hat keine Fassade, die man präsentieren muss. Stattdessen ist und war Energie da für Neues. Mit der Ars Electronica hat Linz zum Beispiel etwas Innovatives geschaffen, das über Landes- und Österreichgrenzen hinaus Bedeutung hat. Eines der schönsten Gebäude ist für mich bis heute das Brucknerhaus. Und ich mag es, dass die Donau mitten durch die Stadt fließt.

Das Brucknerhaus am Donauufer.

Wenn du heute nach Linz kommst, wo bist du unterwegs?

Ich bin gerne in Alt-Urfahr. Das ist mir besonders vertraut, dort war meine Schule, dort habe ich auch ein Jahr lang gewohnt. Es war ein spannendes Viertel, so mulitikulti. Viele Künstler haben in Alt-Urfahr gelebt, weil es dort halbwegs günstig war. Man wohnte quasi direkt an der Donau, gleichzeitig zentral in der Stadt. Es war eine besondere Atmosphäre, eine eigene Welt. Das Café Landgraf mit seinen Konzerten, die Stadtwerkstatt – in Urfahr war durchaus was los. Und es war ein Viertel im Umbruch. Eine Zeit lang wusste man nicht so recht, ob es abgebrochen wird, weil eine neue Straße gebaut werden sollte. Daraus wurde zum Glück nichts. Ich gehe dort immer noch gern spazieren, an der Donau, mitten in der Stadt.

Der Stadtteil Alturfahr direkt an der Donau.

Maria Hofstätter

Die Schauspielerin Maria Hofstätter

Maria Hofstätter wurde 1964 in Linz geboren und wuchs im Mühlviertel auf. Seit 1983 ist sie als Schauspielerin aktiv, auf Theater- und Kabarettbühnen (Theater Phönix, Projekttheater Vorarlberg,  Volksbühne Berlin) ebenso wie für Kino („Indien“, „Hundstage“, „Paradies“-Trilogie) und Fernsehen („Braunschlag“, „Landkrimi“). 2013 wurde Maria Hofstätter mit dem Großen Diagonale Schauspielpreis ausgezeichnet, 2014 folgte der Österreichisch Filmpreis als beste Darstellerin. Aktuell wartet der Film „Fuchs im Bau“ auf seinen Corona-bedingt verschobenen Kinostart (voraussichtlich 11. Juni 2021).

Ein Blogbeitrag von jungs.kommunikation.  

Titelbild: ©Mihai M. Mitrea

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