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Dirigentin und Leiterin der Philharmonie Salzburg Elisabeth Fuchs.
18.01.2024

Missing Linz 32: Ein Glückskind durch die Musik

Die Dirigentin Elisabeth Fuchs leitet die Philharmonie Salzburg, eine Institution, die sie selbst im Jahr 1998 ins Leben gerufen hat. Im „Missing Linz“-Interview enthüllt die Musikerin, was Linz und Balduin Sulzer, ihr Lehrer am Linzer Musikgymnasium, mit dieser bemerkenswerten Gründung zu tun haben.

Elisabeth Fuchs, was verbindet Sie mit Linz?

Ich bin in Kirchdorf geboren und in Wartberg aufgewachsen, also südlich von Linz. Als Kind war ich nur wenige Male in Linz und empfand die Stadt mit den vielen Rauchfängen und dem Smogalarm, den es damals noch hin und wieder gab, als erschreckend. Mit 14 Jahren stand die Frage im Raum, welche weiterführende Schule ich besuchen sollte. Ich war sowohl sportlich als auch musikalisch begabt. Letztendlich entschied ich mich für die Musik und bestand die Aufnahmeprüfung am Musikzweig des Adalbert Stifter Gymnasiums in Linz. Schon am Tag der Prüfung änderte sich meine Meinung über Linz. Ich fand die Stadt toll. Es hatte sich in den Jahren dazwischen sehr viel zum Guten entwickelt.

Wie haben Sie Ihre Schulzeit am Musikgymnasium empfunden?

Durch und durch positiv. Das Musikgymnasium dauerte fünf anstelle der üblichen vier Schuljahre, was ausreichend Zeit für Konzertreisen, Wettbewerb etc. ermöglichte. Oder nebenbei ein Studium an der ‚Bruckner-Uni‘ zu beginnen. 

Besonders mochte ich den Chor. Er setzte sich aus Schüler*innen aller fünf Jahrgänge zusammen, insgesamt also aus rund 125 jungen, unverbrauchten Stimmen von geübten Musiker*innen. Das machte uns sehr gefragt. Ein besonderes Highlight war für mich die Aufführung von ‚Carmina Burana‘ im Brucknerhaus, die im Rahmen der Klangwolke live an ein Publikum mit Tausenden von Menschen übertragen wurde.

Portrait von Elisabeth Fuchs
Dirigentin und Leiterin der Philharmonie Salzburg Elisabeth Fuchs.

Blieb da noch Zeit für andere Interessen?

Oh ja! Ich habe das jugendliche Leben in vollen Zügen genossen! Ich habe viel gefeiert oder bin einfach nur mit Freunden abgehangen. Dafür blieb genug Zeit. Und das ist so wichtig in dieser Lebensphase. Ein gewisses Maß an ‚fad sein‘ tut der Persönlichkeitsentwicklung gut. Es ist auch vorgekommen, dass ich die erste Schulstunde verpasst habe, weil wir uns im Jindrak zu Kakao und Kuchen getroffen haben.

Schon damals hatte ich eine Vorliebe fürs Kino. Manchmal kaufte ich mir ein Ticket für den Nachmittagsfilm und blieb dann bis zur Abendvorstellung, ohne dass es jemandem auffiel.

Jugendfoto von Elisabeth Fuchs.

Warum zogen Sie nach der Matura nach Salzburg?

Ich wollte ein Lehramtsstudium in Musik und Mathematik absolvieren. Diese Kombination gab es in Linz nicht, sonst wäre ich wahrscheinlich geblieben. Da an der Musikuniversität Wien nur die Wiener Oboe unterrichtet wurde, standen für mich und meine französische Oboe nur Salzburg und Graz zur Auswahl. Heute lebe ich mit meinen Kindern hier in Salzburg und bin sehr glücklich darüber.

Es dauerte nicht lange und Sie gründeten im zarten Alter von 22 Jahren die Junge Philharmonie Salzburg, die später zur Philharmonie Salzburg wurde. Wie kam es dazu?

Das hat nun wiederum mit Linz zu tun – und im Speziellen mit Balduin Sulzer. Nachdem ich mein Lehramtstudium unter der Mindeststudienzeit absolviert hatte, wollte ich mich dem Dirigieren widmen. Balduin Sulzer, der mich bereits als wirklich großartiger Pädagoge am Musikgymnasium begleitet hatte, war ein wichtiger Ratgeber für mich geblieben. Als ich ihm von meinem Wunsch erzählte, Dirigieren zu studieren, meinte er: ‚Fuxin, hör mal zu: Ein Dirigent ohne Orchester oder Chor ist wie ein Geiger ohne Geige. Wenn'st jetzt anfängst, Dirigieren zu studieren, brauchst einen Klangkörper, den du dirigierst!‘ Als wir uns eine Woche später erneut trafen, war die Junge Philharmonie quasi schon gegründet.

Erste Probe der Jungen Philharmonie Salzburg
Erstes Konzert der Jungen Philharmonie Salzburg.

Was hat Sie dazu inspiriert, sich in der Musikvermittlung für Kinder und Jugendliche zu engagieren?

Mir gibt Musik einfach extrem viel, sie macht mich glücklich. Ich bin ein Glückskind durch die Musik. Und dieses Gefühl möchte ich gerne an verschiedene Altersgruppen weitergeben. Leider sind in den Schulen die musikalische Bildung, aber auch das Zeichnen, der Sport oder Religion bzw. Ethik in den Hintergrund gerückt. Wirtschaftlich wichtige ‚Stressfächer‘ wie Mathe, IT oder Sprachen haben überhandgenommen. Das sollte man wirklich überdenken. Letztlich geht es im Leben ums Glücklichsein und die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Aber auch angesichts der Musikgeschichte Österreichs und seiner herausragenden Komponisten find ich es schade, dass Menschen unter 50 Jahren kaum noch Bezug zu klassischer Musik haben. Ich bin motiviert, wieder Schwung in dieses Thema zu bringen. 

Und wie wollen Sie klassische Musik an junge Menschen vermitteln?

Begonnen hat es damit, dass wir die Generalproben der Philharmonie in Schulen verlegten. In Jeans und T-Shirts natürlich. Das kommt bis heute sehr gut an.

2007 habe ich die Kinderfestspiele gegründet. Inspiriert dazu hat mich die Linzerin Elisabeth Freundlinger, die alljährlich hunderte Erstklässler*innen im Rahmen von ‚Ein Haus voll Musik‘ ins Brucknerhaus bringt. Heute umfassen die Kinderfestspiele rund 60 Konzerte pro Jahr. Das Musikvermittlungsprogramm ist in Europa federführend. Wir arbeiten mit Storytelling, Partizipation und vielen großartigen Elementen, die ich aus Städten wie Berlin, London und New York zusammengetragen habe.

Gemündet hat das dann in kostenlose Lehrlingskonzerte, die wir gemeinsam mit der Arbeiterkammer anbieten. Auch im Brucknerhaus. Sie sind ein tolles Format für Jugendliche, die sonst mit klassischer Musik nicht mehr in Berührung kommen.

Workshop für Kinder zum Instumenteausprobieren.

Auch im Rahmen von Salzkammergut 2024 haben Sie einiges vor – richtig?

Ja, darauf freue ich mich besonders! Die Philharmonie Salzburg darf Gustav Mahlers 2. Symphonie am 1. Juni 2024 aufführen, und zwar dort, wo sie entstanden ist, in Steinbach am Attersee. Das ist unglaublich, mit über 200 Mitwirkenden! Zwei mit Linz eng verbundene Sängerinnen, Christa Ratzenböck und Ursula Langmayr, sind auch mit dabei.

Wenn Freunde Sie fragen würden, was sie bei einem Besuch in Linz nicht verpassen dürfen, was würden Sie ihnen empfehlen?

Ich würde ihnen empfehlen, den Pöstlingberg zu Fuß oder mit der Bahn zu erklimmen und die Aussicht auf Linz zu genießen. Für kleine Kinder gibt es oben eine Märchenbahn. Alternativ könnten sie auch auf den Freinberg gehen, die buddhistische Stupa besichtigen und dort einmal tief durchatmen.

Zudem würde ich einen Besuch im alten und neuen Dom empfehlen, entlang der Landstraße zu flanieren und im Jindrak einen Kaffee zu genießen. Wenn es Sommer ist, ist ein Spaziergang entlang der Donaulände eine gute Idee. Und nicht zu vergessen: Sie sollten unbedingt mit der Straßenbahn fahren. Das habe ich schon als Schülerin gerne getan. Mit der 3er-Linie manchmal sogar mehrere Runden.

Was ist für Sie typisch Linz?

Typisch Linz ist für mich die wunderschöne Kombination aus Donau und Pöstlingberg.

Portrait von Elisabeth Fuchs

Elisabeth Fuchs, geb. 1976, wuchs in Wartberg auf. Ab 1990 besuchte sie das Musikgymnasium Linz und studierte gleichzeitig am Brucker-Konservatorium Oboe. 1995 zog Elisabeth Fuchs nach Salzburg, absolvierte ein Lehramtsstudium und vertiefte sich ins Dirigieren. Sie gründete 1998 die Junge Philharmonie Salzburg, die später zur Philharmonie Salzburg wurde, sowie 2007 die Kinderfestspiele Salzburg. Elisabeth Fuchs stand bereits am Dirigierpult zahlreicher europäischer Orchester. www.elisabethfuchs.com, www.philharmoniesalzburg.at, www.kinderfestspiele.com

Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".

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