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14.12.2023

Missing Linz 31: „Fruchtbarer Nährboden für Musik“

Die deutschsprachige Hiphop-Formation Mono & Nikitaman legt Ende 2023 ihr Musikprojekt auf Eis. Vor zwanzig Jahren starteten sie in Linz richtig durch. Ihre sozialkritischen Texte und die damals neuartigen musikalischen Elemente aus Reggae und Dancehall beeinflussten maßgeblich den Musikgeschmack der Stadt.

Mono, könntest du über deine Zeit in Linz und deine Motivation, Musikerin zu werden, erzählen? Du stammst ja aus Linz, während Nick ursprünglich aus Düsseldorf kommt.

Mono: Ich bin 30 Kilometer außerhalb der Stadt aufgewachsen und habe an der Kunstuni experimentelle visuelle Gestaltung studiert. Das war ein sehr freies Studium und ein gutes Nest, um etwas Kreatives zu starten. Wir initiierten viel Künstlerisches, einmal sperrten wir uns dafür sogar für drei Tage im Dachboden der Tabakfabrik ein.

Neben meinem Studium war ich DJ, legte regelmäßig in der Stadtwerkstatt auf und gründete gemeinsam mit Freunden „Gosh City“, eine Partylocation in einem Keller in der Schubertstraße. Nachts hatte ich spontan ein Mikro in der Hand, sang zu Drum & Base und hatte großen Spaß dabei. Schon bald wurde ich für Geld gebucht, zum Beispiel im WUK oder der Arena in Wien. Es ging im Flow in einen Job über.

Hat Linz deinen Musikstil geprägt?

Mono: Ich würde sagen, es war eher umgekehrt. Wir haben Linz beeinflusst. Wir sind definitiv nicht auf einen fahrenden Zug aufgesprungen. Die Kombination aus Reggae-Einflüssen und deutschen Texten war hier vorher nicht präsent.

Nick, wie ist die Band Mono & Nikitaman entstanden? War das auch in Linz?

Nick: Mono und ich haben uns in Linz kennengelernt, genauer gesagt auf einer Party in der KAPU, dem Jugendzentrum in der Kapuzinerstraße. Dieser Ort war auch später für uns und unsere Musik entscheidend. Dort fanden regelmäßig Dancehall-Reggae-Partys statt.

Kurz nach dem Kennenlernen in der KAPU trafen wir uns auf einem Festival im süditalienischen Salento wieder, wo schon damals viel Dancehall gehört wurde und wir Auftritte hatten. Außerdem veröffentlichte etwa zeitgleich das Label Hoanzl den ersten Dancehallfieber-Sampler, auf dem wir jeweils mit einem Song vertreten waren. Wir gingen mit diesem Sampler auf Tour, sahen uns von da an also regelmäßig wieder und teilten bald die Bühne.

Ihr habt dann kurz in Düsseldorf gelebt und seid 2003 nach Linz gezogen, wo ihr als Band euren großen Durchbruch hattet. Wie kam es zur Entscheidung nach Linz zu ziehen?

Mono: Ich hatte keinen Bock mehr auf Düsseldorf. Wir hatten Nicks Stadt kennengelernt, und jetzt war meine an der Reihe. Linz ist außerdem ein äußerst fruchtbarer Nährboden für Musik. Wir hatten beispielsweise sehr schnell eine neue Band über das Konservatorium zusammengestellt. Es hat sich einfach richtig angefühlt.

Nick: Bereits vor 2003 habe ich viel Zeit in Linz verbracht, zum Beispiel im Studio mit den Jungs von Texta. Dadurch kannte ich bereits einige Leute in der Stadt. Die KAPU fühlte sich für mich von Anfang an wie „nach Hause kommen“, da ich aus einem alternativen Hausbesetzer-Umfeld in Düsseldorf stamme. Ich mag Orte, an denen Dinge kreativ entstehen dürfen.

Linz ermöglichte zudem einen unkomplizierten Start, auch aufgrund der Förderstrukturen und der stark vernetzten Musikszene. Wir konnten problemlos Musik aufnehmen und schnell eine Platte veröffentlichen. Im Gegensatz dazu war das in Düsseldorf viel schwieriger, insbesondere was den Label-Deal betrifft.

Gemeinsam mit Sack und Pack nach Linz. Wie war das?

Nick: Dazu fällt mir eine Anekdote ein. Mono hat uns eine Wohnung in Linz klar gemacht. Als wir mitten in der Nacht ankamen, dachte ich, dasselbe hätte ich auch in Düsseldorf haben können. Die Wohnung befand sich im Lentia, einem riesigen Betonkomplex in Urfahr. Doch das Lustige an hässlichen Hochhäusern ist, wenn man darin wohnt und nach draußen schaut, ist es eigentlich ganz ok.

Mono: Als Linzerin fand ich das sogar gut. Die Industrieromanik mag man hier. Außerdem hatten wir vom großen Balkon einen wunderbaren Ausblick ins Mühlviertel. Ich erinnere mich an viel Grün und die herannahenden Gewitter.

Nick: Später habe ich mich oft gefragt, warum die Leute hier so „sudern“. Für mich fühlte sich Linz wie Urlaub an. Wenn ich über die Nibelungenbrücke ging, lagen unten die Leute am Strand an der Donau. Radfahren, Wanderausflüge, … alles ist so nahe hier. Was dran ist so schlimm?

 

Doch nach fünf Jahren, also 2009, ging eure Reise schon weiter …

Nick: Ja, nach Berlin. Die Stadt ist noch bunter, noch offener. Denn das muss ich schon sagen: Als Deutscher gehört man in Österreich auch nach Jahren nur halb dazu. Zum Glück gabs für mich in Linz Plätze wie die KAPU und die Stadtwerkstatt, wo ich mich wohl fühlte. Dass Orte wie diese gerne zum Werbegegenstand einer Multikulti-Stadt werden, jedoch oft viel zu wenig finanzielle Unterstützung bekommen, finde ich schade. Hier entsteht Kultur.

Mono: Ich mags auch, dass ich hier in Berlin wieder anonymer leben kann. In Linz kannte uns an jeder Ecke jemand.

Was waren eure musikalischen Höhepunkte während eurer Zeit in Linz?

Mono: Der Newcomer-Award im Posthof war wirklich großartig und eine Art Startschuss für uns. Gewählt wurde anhand der Lautstärke der Publikumszurufe. Das war so ein großartiges Gefühl.

Nick: Für mich war es der Auftritt bei einem Festival mitten in der Stadt. Wir waren Headliner und die Donaulände neben dem Brucknerhaus war voll. Der Eintritt war für alle gratis. Da gab es kein Halten mehr. Das war zu einem Zeitpunkt, als wir in Österreich unseren Peak erreicht hatten und auch auf vielen Festivals wie dem Frequency spielten.

Welche Anlässe gibt es für euch nach Linz zurückzukehren und was macht ihr dann am liebsten?

Mono: Meistens kommen wir nach Linz um Familie bzw. Freunde zu besuchen, oder für Auftritte so wie letztens im Posthof. Dieses Mal war sogar meine Mama im Publikum. Während unserer Besuche flanieren wir gerne über die Landstraße, spazieren oder radeln entlang der Donaulände. Ein Kaffee im Traxlmayr gehört dazu, vielleicht auch ein Blick auf die Stadt vom Schlossberg herunter oder wir gehen baden am Stadtstrand in Urfahr.

Auf eurer Website steht, dass ihr nach 20 Jahren euer Bandprojekt auf Eis legt. Könnt ihr mir erklären, wie ich das interpretieren soll?

Mono: Wir haben entschieden, unsere Band vorübergehend ruhen zu lassen. Dieser Schritt gibt uns Raum zum Nachdenken und für andere wichtige Dinge im Leben. Dafür fanden wir bisher zu wenig Zeit. Tourpläne und Veröffentlichungen folgten dicht aufeinander. Wir konnten immer kreativ arbeiten, sei es durch grafische Gestaltung bei T-Shirts und Plattencovers oder durch politische Botschaften in unseren Texten. Doch diese Pause eröffnet uns die Möglichkeit, auch andere Ausdrucksformen zu erkunden. Für das Jahr 2024 und darüber hinaus haben wir derzeit keine konkreten Pläne. Und das ist in Ordnung so.

Was ist typisch Linz für euch?

Nick: Der Slogan „In Linz beginnt's“. Für uns als Band trifft das auf jeden Fall zu.

Mono & Nikitaman ist eine deutschsprachige Band, die im Jahr 2003 von der Oberösterreicherin Monika Jaksch (geb. 1975) und dem Düsseldorfer Nick Tilstra (geb. 1974) in Linz gegründet wurde. Ihre Musik ist von verschiedenen Genres wie Reggae, Dancehall, Hip-Hop, Pop und Punk beeinflusst, die Texte sind meist sozialkritisch. Ihr erfolgreichstes Album „Guten Morgen es brennt“ nahm in den Charts in Österreich Platz 12 und in Deutschland Platz 13 ein.

Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".

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