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26.04.2023

Missing Linz 25: Crossing Linz mit Christine Dollhofer

Christine Dollhofer, heute Geschäftsführerin des Filmfonds Wien, hat vor 20 Jahren das Filmfestival Crossing Europe in Linz gegründet und es bis 2021 geleitet. Im Missing Linz-Interview durchqueren wir ihre langjährige Heimatstadt und sprechen über persönliche Erinnerungen und Highlights.

Frau Dollhofer, wie gut kannten Sie Linz, bevor Sie im Jahr 2003 mit der Konzeption eines neuen Filmfestivals für die Stadt begonnen haben?

Ich bin im Salzkammergut aufgewachsen. Mit Linz hatte ich keine Berührungspunkte. Mein Papa hat uns von seinen Linz-Fahrten Krapfen aus dem Passage-Kaufhaus mitgebracht. Und natürlich war ich als Kind mit den Eltern einmal am Pöstlingberg in der Grottenbahn. Zum Studieren ging ich dann nach Wien. Besser kennengelernt habe ich Linz also erst ab Herbst 2003 im Zuge der Vorbereitungen für die erste Ausgabe von Crossing Europe.

Sie waren zu dieser Zeit Co-Intendantin des Filmfestivals Diagonale in Graz. Wie ist die Idee für ein neues, weiteres Filmfestival entstanden?

Wolfgang Steininger, der Chef des Moviemento, hat mich gefragt, ob ich Lust hätte in Linz ein Festival aufzubauen. Davor hatte ich die Diagonale in Graz konzipiert und sieben Jahre lang gemeinsam mit Constantin Wulff geführt. Die Diagonale ist das Festival des österreichischen Films, daher wollte ich für Linz ein neues, international ausgerichtetes Festival etablieren. Ich fokussierte mich auf die europäische Filmszene, also ein Format, das es in Österreich noch nicht gab.

Heuer feiert das Festival sein 20-jähriges Jubiläum. Wie waren die Anfangsjahre für Sie?

Als ich nach Linz gekommen bin, war Vieles im Umbruch. Das begann mit dem Bau des neuen Hauptbahnhofs und mehrerer Kulturstätten wie beispielsweise der Errichtung des Musiktheaters. Eine Aufbruchstimmung – ausgehend von der Nominierung zur Kulturhauptstadt – war schon deutlich spürbar.

Die ersten zwei Jahre pendelte ich noch von Wien nach Linz. Die Baustelle des Bahnhofs querte ich also sehr, sehr regelmäßig. Ich bin überzeugte Nicht-Auto-Besitzerin und daher hauptsächlich öffentlich unterwegs. Anfangs hatten wir noch kein Büro. Das Geld war natürlich knapp. Das Gelbe Krokodil und das Stern, wo wir später fast jeden Tag unser Mittagessen eingenommen haben, waren unsere Stammlokale. In den Anfängen des Festivals vielleicht sogar ein bisschen unser Büro.

Und dann kam Linz 09. Wie war das?

Schon in der Vorbereitung auf das Kulturhauptstadt-Jahr kam Bewegung in der Szene. Plötzlich war Geld für neue Initiativen, Ideen und Formate da. Es herrschte reger Austausch. Das mag ich an Linz: Die unterschiedlichen Institutionen und Initiativen kooperieren niederschwellig und kollegial. Man trifft die Leute in den einschlägigen Lokalen oder bei Ausstellungseröffnungen. Der Austausch des Kunstsektors passiert quasi in öffentlichen Räumen. Und da hat sich viel Wunderbares ergeben. Auch für Linz 09 und die weitere Entwicklung der Kulturszene. Es ist sehr viel Kreativität und konstruktive Arbeit in die Projekte geflossen.

Welche Lokale waren oder sind diese „einschlägigen“ und wo gehen Sie sonst noch gerne hin?

Gelbes Krokodil und Stern, wie gesagt. Und sonst? Da gibt’s viele – je nach Lust und Laune. Das Café Meier oder Café Traxlmayr natürlich, die Weinbar Divino, das Bigoli am OK-Platz, das Solaris, das Lentos Restaurant, die Donauwirtinnen, die Stadtwerkstatt, das Salonschiff Fräulein Florentine (vormals der legendäre „Rote Krebs“), Konzerte in der Kapu und die Ausstellungshäuser. Zu den Orten, an denen ich besonders gerne verweilte, gehört der Freinberg, der Botanische Garten und der Höhenrausch mit Blick über Linz. Leider gibt es den nicht mehr. Ein Fixpunkt im Sommer ist definitiv das wunderbare Parkbad.

Ich mag die Größe von Linz. Die Stadt ist mit der Donau zentral verwoben, das meiste zu Fuß erreichbar und – falls doch nicht – gibt es den gut ausgebauten öffentlichen Verkehr. Die Stadt ist lebendig und abwechslungsreich. Es sind so viele junge, kreative Menschen unterwegs, das ist wohl auch den Studierenden der Kunstuniversität geschuldet. Die Atmosphäre ist einfach super.

Haben Sie manchmal Sehnsucht nach Linz?

Ich bin erst vor eineinhalb Jahren nach Wien zum Filmfonds gewechselt. Noch nicht lang genug, um eine ausgeprägte Sehnsucht zu entwickeln. Meine neue Aufgabe nimmt mich ziemlich in Anspruch, sodass ich nicht oft nach Linz komme. Und Wien hat ja auch viel zu bieten!

Aber ein paar Dinge des Alltags gehen mir tatsächlich ab. Die netten, kleinen Shops rund um die Herrengasse. Außerdem die vielen persönlich geführten Geschäfte und Lokale oder die Vielfalt der kleinen Bäckereien. Und freitags der wunderbare Wochenmarkt am Hauptplatz für den regionalen Gemüseeinkauf. Und die Radfahrten oder Spaziergänge entlang der Donau oder auf den Freinberg.

Was ist typisch Linz?

Bescheidenheit. Die Offenheit der Bewohner*innen und die kulturelle Vielfalt. Und natürlich die tollen Festivalformate wie Stream, Ars Electronica und Crossing Europe.

Mag.a Christine Dollhofer (*1963) wuchs in Vorchdorf (Oberösterreich) auf, studierte Theaterwissenschaft und Publizistik in Wien, leitete von 1993 bis 1997 das Wiener Programmkino Filmcasino. Von 1997 bis 2003 war sie Co-Intendantin der Diagonale in Graz und von 2004 bis 2021 Leiterin des Linzer Filmfestival Crossing Europe. Seit November 2021 ist sie Geschäftsführerin des Filmfonds Wien.

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