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Lisa Neun im Schauraum des Comicmuseums in Erlangen.
16.03.2023

Missing Linz 24: Lisa Neun – Webcomic-Zeichnerin der ersten Stunde

Lisa Neun zählt zu den Urgesteinen der Webcomic-Künstlerinnen im deutschsprachigen Raum. Schon seit Anfang des Jahrtausends veröffentlicht sie autobiographische Zeichnungen in ihrem Blog. Die in Deutschland lebende Künstlerin ist in Linz aufgewachsen und präsentiert beim NEXTCOMIC Festival ihr viertes Buch „Business Girl“.

Lisa Neun, bitte erzähl mir, was dich mit Linz verbindet.

Ich bin in Wien geboren, aber schon mit etwa zwei Jahren nach Linz gezogen. Ich habe meine komplette Jugend in Linz verbracht. Eine prägende Zeit! Mit meinen Schulfreunden habe ich teils noch engen Kontakt. Wir veranstalten regelmäßig Maturatreffen in Linz. Das 40. Jubiläum war ein großer Spaß!

Hat Linz etwas mit deiner Arbeit als Künstlerin zu tun?

Die künstlerischen Bewegungen meiner Jugend in Linz haben mich sehr angezogen. Ich war damals mit etwa 16 Jahren Gründungsmitglied der Stadtwerkstatt, in dessen Kneipe ich auch ausgeschenkt habe. Es gibt sogar ein Comic von mir zur Gründung. Ich mochte die New Wave-Szene und war mit meinem Bruder, der vielleicht einer der ersten Punks von Linz war, oft in der KAPU. Linz und was ich dort erlebte, prägte mich natürlich. Darunter die Leute im Café Landgraf, die Konzerte im Posthof, die Ausstellungen in der MAERZ Galerie oder die Experimentalfilme, die wir in der Stadtwerkstatt zeigten.

Comic in der Stadtwerkstatt in Linz.
Comic in der Stadtwerkstatt in Linz.
Lisa Neun als Jugendliche in der Stadtwerkstatt.

Warum bist du aus Linz weggegangen?

Ich ging zum Studieren nach Wien. Ich entschied mich für Datentechnik auf der Technischen Universität und machte auch vier Semester Industriedesign auf der Universität für angewandte Kunst. Doch dann begann ich in der Technikbranche zu arbeiten – was ich noch immer mache, verliebte mich in Erlangen nahe Nürnberg in meinen Mann und zog dann in diese schöne Stadt.

Du hast gerade ein Comic-Buch veröffentlicht und vor ein paar Jahren in Erlangen ein Comic-Museum gegründet. Wann hast du zu zeichnen begonnen?

Schon als Jugendliche. Aber eher als Geschenk für Freunde oder als Liebeserklärungen. Als das Internet aufkam, wollte ich eine eigene Website haben und fragte mich, welchen Content ich dort wohl zeigen könnte. Seither – also seit weit über 20 Jahren – veröffentliche ich dort (www.lisaneun.com) regelmäßig meine Comics.

Zudem gibt es in Erlangen schon sehr lange den Comic-Salon, wo auch schon internationale Größen wie Dagobert Duck-Erschaffer Carl Barks oder Will Eisner zu Besuch waren. Eisner war stilprägend für viele Comic-Zeichner und hat den Begriff „Graphic Novel“ eingeführt. Heute darf ich dort selbst mitwirken und ein tolles Netzwerk an Comic-affinen Menschen hat sich um mich herum gebildet. Ich habe einen Verein zur Förderung eines Comicmuseums in Erlangen mitbegründet. Anfangs – als wir noch keine Räume hatten – erbauten wir ein virtuelles Museum im Internet. Mittlerweile präsentieren wir Comics in einem Aktions- und Schauraum in einer der schönsten Straßen der Stadt.

Skulptur im Schauraum des Comicmuseums in Erlangen.
Schauraum Comicmuseum in Erlangen.
Die Straße in Erlangen wo sich das Comicmuseum befindet.

Ab 17. März 2023 startet in Linz das NEXTCOMIC-Festival. Du wirst als Künstlerin mit dabei sein. Was wirst du zeigen?

In der Ausstellung werden Ausschnitte meines neuen Buchs „Business Girl“ zu sehen sein, in dem mein Charakter Susanne so manch eine Absurdität der heutigen Geschäftswelt erlebt. Insbesondere Frauen, die in technischen Berufen Karriere machen wollen, werden sich in einigen der Szenen wiederfinden. Außerdem darf ich am Suuuper Samstag (18. März 2023) eine Lesung abhalten.

Lisa Neun mit ihrem neuen Buch "Business Girl".

Wenn du anlässlich des NEXTCOMIC nach Linz fährst, was wirst du dort sonst noch machen? Gibt es etwas, das für dich zu jedem Linz-Besuch dazu gehört?

Oh ja, ich esse immer ein Salz-Mohnflesserl mit Weißwurst. Das ist ein Muss! Das gibt’s auch nur dort. Und natürlich gehört auch die Linzer Torte zu den kulinarischen Highlights der Stadt. Am besten in meinem Lieblingscafé, dem Traxlmayr. Und wenn ich mehr Zeit habe, mache ich einen Spaziergang auf den Schlossberg und weiter zum Römerberg bis zur Gugl.

Wo würdest du Freunde hinschicken, wenn Sie dich um Linz-Tipps fragen?

Neben meinen kulinarischen Empfehlungen würde ich Ihnen einen Besuch im Musiktheater, im Ars Electronica Center, im Lentos, in der Outdoor-Graffitigalerie „Mural Harbor“ im Hafen und bei der voestalpine ans Herz legen. Wobei ich es leider selbst noch nie ins Stahlwerk geschafft habe. Nicht einmal in meiner Kindheit. Das muss ich nachholen!

Woran erinnerst du dich, wenn du an das Linz deiner Kindheit denkst?

Linz hat sich sehr verändert. In meiner Kindheit war es grau und die Luft war stickig. Aber ich mag diesen Geruch von damals irgendwie. Als mein Mann und ich nach dem Mauerfall eine Stadt im Osten besuchten, roch es gleich. So ein bisschen nach zu Hause.

Auch die Spuren des zweiten Weltkriegs waren gefühlt noch überall. Ich erinnere mich an einen Weinkeller in der Nähe unserer Wohnung. Wenn wir dort als Kinder über die ganzen Weinkisten gekraxelt sind, kamen wir zu einem unterirdischen Stollen aus der NS-Zeit. Dort haben wir uns entlang von Schnüren, die uns den Weg zurückweisen sollten, durch die Dunkelheit gehantelt und allerhand unheimliche Artefakte entdeckt. Jetzt ist Linz schön und sehr grün. Eine Stadt an der Donau und mit guter Luft. In meiner Jugend hieß es „in Linz stinkts“, dann später „in Linz beginnts“ und heute „Linz verändert“. Das stimmt wohl alles so.

Was ist typisch Linz für dich?

Mein erster Gedanke: Dort laufen echt fesche, stylische Menschen herum.

Lisa Neun im Schauraum des Comicmuseums in Erlangen.

Lisa Neun wurde 1963 in Wien geboren, ist in Linz aufgewachsen und lebt seit 1988 in Erlangen (Deutschland). Sie zählt zu den ersten Webcomic-Zeichner*innen des deutschsprachigen Raums und veröffentlicht seit über 20 Jahren regelmäßig Comics unter www.lisaneun.com. Nach „Fresh Fish“ (2012), „Schnitzelschlacht und Wunderbrötchen“ (2016) und „Kleine Welt – Großer Fettnapf“ (2017) ist nun ihr Comic-Buch „Business Girl“ erschienen. Lisa Neun hat den Verein „Comicmuseum Erlangen“ mit Aktions- und Schauraum gegründet (www.comic-museum.org).


Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".

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