Herr Anschober, habe ich richtig in Erinnerung, dass Sie selbst als Minister noch nach Linz gependelt sind?
Ja, allerdings nicht täglich. Das wäre bei dem Arbeitspensum nicht möglich gewesen. Jedes zweite Wochenende bin ich mit dem Zug nach Hause zu meiner Partnerin und meinem Hund gefahren. Wir wohnten damals am Pfenningberg in Steyregg – also in der Umgebung von Linz.
Warum sind Sie im Sommer 2021 endgültig nach Wien umgezogen?
Als ich komplett aus der Parteipolitik ausgeschieden bin, hat sich vieles verändert und ich wollte das noch ein bisschen umfassender haben. Ehrlich gesagt, war ich früher kein großer Wien-Freund. Ich hatte so meine Vorurteile. Doch in meiner Zeit in der Bundeshauptstadt habe ich Wien kennen und lieben gelernt.
Ich freue mich allerdings über jeden Linz-Besuch – so wie letztens bei meiner Buchpräsentation. Ich vertrete die Ansicht, dass jeder Mensch mehrere Heimaten haben kann. Heimat ist dort, wo wir uns zuhause fühlen, wo wir Menschen kennenlernen, die wir besonders mögen.
Sie kommen ursprünglich aus dem oberösterreichischen Schwanenstadt. Was zog Sie als junger Mann nach Linz?
Ich war Volksschullehrer – zuerst als „Springer“ zwischen mehreren Schulen im Bezirk Vöcklabruck und später vier Jahre in einer kleinen Dorfschule nahe Schwanenstadt. In den 1990ern wollte ich das Stadtleben ausprobieren. Und das habe ich dann richtig genossen: Freunde treffen, durch die Gassen der Altstadt ziehen und zahlreiche Bars besuchen. Das „Asfalt“ wurde zu meinem vorgelagerten Wohnzimmer. Schade eigentlich, dass es das Lokal heute nicht mehr gibt.
Woran erinnern Sie sich besonders gerne?
In Linz begann auch meine politische Tätigkeit mit Projekten rund um die voestalpine. Es ging um die Frage, wie sich der Stahlkonzern ausdehnen kann, ohne dass es sich negativ auf die Lebensbedingungen der Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt auswirkt. Ein wichtiger Lernprozess, bei dem mir so richtig klar wurde, wie wichtig der Dialog ist. Das hat meine spätere Handlungsweise in der Politik ziemlich geprägt.
Das Nebeneinander von Industrie, Kultur und Natur ist in Linz besonders. Ein Stahlwerk mitten in der Stadt ist vermutlich einzigartig. Das Werksgelände, auf dem ich oft war, hat mich wahnsinnig fasziniert. Im Kulturhauptstadt-Jahr 2009 konnte ich sogar einmal an einer bezaubernden nächtlichen Zugfahrt über das Gelände teilnehmen.
Linz 09 hat der Stadt einen ziemlichen Boost gegeben – wie haben sie das erlebt?
Linz 09 war kein Zufall, sondern das Produkt einer konsequenten Kulturarbeit. Der Titel Kulturhauptstadt ist genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Endlich war das Geld da, dass diese Kulturarbeit sichtbarer wird und auch Neues geschaffen werden konnte. Vieles davon, vielleicht auch in veränderter Form, ist geblieben. Vor allem die Dynamik.
Zu den Pionieren gehören sicher die Kulturplattform KUPF OÖ, das Ars Electronica Center, die Stadtwerkstatt, das Radio FRO und natürlich auch das Kino Moviemento. Wie gerne bin ich am OK Platz ins Sommerkino gegangen! Unvergesslich!
Wo sind Ihre Lieblingsplätze in Linz?
Der OK Platz gehört auf jeden Fall dazu. Ich erinnere mich nicht nur an die Filmabende dort, sondern auch an Konzerte. Einen meiner schönsten Abende in Linz habe ich dort bei einem Konzert von Daniele Sepe und FLO zum Geburtstag des Restaurants Bigoli verbracht. Und das Gelbe Krokodil nebenan besuche ich auch sehr gerne!
Wenn ich für ein, zwei Tage in Linz bin, gehört ein Bier auf der anderen Seite der Donau, im Bereich der Stadtwerkstatt, dazu. Oder ich laufe an der Donaupromenade flussabwärts. Je nachdem wie gut ich beisammen bin, desto weiter komm ich. Ein wunderbares Erlebnis: flussabwärts entlang der Au, vorbei an Steyregg und Industrie, möglichst bis zum Kraftwerk Asten. Allerdings vergesse ich hin und wieder, dass ich stromaufwärts ja wieder zurück muss.
Mein Lieblingsplatz im Sommer ist das Schlosscafe am Schlossberg. Am besten ist es, wenn ich einen Platz an der Mauer ergattere und so über die Stadt blicken kann.
Was ist typisch Linz für Sie?
Die Vielfalt der Stadt und der Menschen. Die scheinbare Gegensätzlichkeit von Natur, Industrie und Kultur ergeben gemeinsam ein großes Ganzes.
Kurz-Bio
Rudi Anschober (geb. 1961) ist im oberösterreichischen Schwanenstadt aufgewachsen. Er arbeitete als Volksschullehrer bis er 1990 als Sprecher der Grünen Alternative OÖ in den Nationalrat einzog. 1997 verlegte Anschober seinen Wohnsitz nach Linz, wurde Landtagsabgeordneter und sechs Jahre später Landesrat. Während des Ausbruchs der Corona-Pandemie war er als Gesundheitsminister der türkis-grünen Bundesregierung tätig. Aus dieser und allen weiteren politischen Funktionen ist er im April 2021 aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. Nach 24 Jahren in Linz und Umgebung beschloss Rudi Anschober im Sommer 2021 nach Wien zu ziehen, von wo aus er heute als Autor und Vortragender tätig ist.
Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".
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