VISIT LINZ
17.02.2022

Museen in Linz: Nicht täuschen lassen von der Tarnung!

Von außen betrachtet lassen nicht alle Linzer Ausstellungsorte darauf schließen, was sich in ihrem Innersten abspielt. Darum starte ich diesmal einen Museumsspaziergang der anderen Art.

Eine Stunde spazieren nur – und fast alle sehen? Doch, das geht. Ich hab’s ausprobiert. Und dabei eine Erkenntnis gewonnen: Zu schnell lässt man sich von Äußerlichkeiten täuschen. Oder beachtet sie gleich gar nicht. Aber von Anfang an.
Ich starte vom Hauptplatz weg, gleich linkerhand in die immer wieder aufs Neue entzückende Altstadt, vorbei an den Häusern, die so viel Geschichte atmen. Die Hofgasse schnürlt sich hinauf auf den Schlossberg, ich passiere unter anderem das Jörgersche Freihaus, das schon Christian Doppler besuchte (ja, der vom nach ihm benannten Effekt) und Anton Bruckner 1841 als Schulgehilfe verließ, als es k.k. Haupt- und Musterschule war. Aber ich lenke ab und werde abgelenkt.

Der Flügel hat gerade noch gefehlt

58 grobgepflasterte Stufen weiter stehe ich schon vor dem Linzer Schloss, das wie eine Trutzburg oben auf dem Berg thront. Doch schon kurz nach dem Rudolfstor weitet den Blick der einladende Innenhof, und ein paar Schritte noch, da sticht der markante Südflügel ins Auge: Im Kulturhauptstadtjahr 2009 eröffnet, ist er zwar der neue Glas-Stahl-Teil des Schlossmuseums, aber im Grunde etwas, das seit 1800 gefehlt hatte, weil der historische Gebäudetrakt damals komplett abgebrannt war. Und so trutzig sich der Komplex gibt, verbirgt sich hier nicht nur die Landeskultur von A wie Archäologie über die grafischen Sammlungen, Kunstsammlungen vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert, über Musik und Technik bis hin zu V wie Volkskunde, sondern auch immer wieder spannende zeitgenössische Kunst, erlebbar aufbereitet für alle Altersgruppen.

Beschwerden haben hier nichts verloren

Das Friedrichstor auf der westlichen Seite erinnert noch an den Umgestalter des Schlosses, Friedrich III., während ich im Park runter zum Schlosscafé noch schnell meinen absoluten Lieblings-Linzblick erhasche. Retour durch die Altstadt, auch stufenlos über den Tummelplatz möglich, geht’s über den Hofberg hinunter zur Donau. Ein kurzer Schwenk nach links – hier steht hinter dem ehemaligen ehrwürdigen Hotel zum Rothen Krebs das Salzamt. Natürlich könnte man hier die sprichwörtlichen Beschwerden abgeben, etwa jene, dass es empörenderweise immer wieder abrissgefährdet ist – hilft aber nichts. Hinter der schlichten Fassade des auch als Kliemsteinhaus bekannten Baus, dessen Ursprünge bis 1456 zurückgehen, werken vielmehr internationale Kunstschaffende in Kleinwohnungen und Ateliers.

Blicke hinüber und in die Zukunft

Ein Stück donauabwärts – entweder die 30 Stufen beim Gleißner Haus hinauf oder barrierefrei auf dem Gehsteig gegenüber – stehe ich schon an der Nibelungenbrücke. Auf der anderen Seite schmiegt sich das Ars Electronica Center, kurz AEC, ans Urfahraner Donauufer, und man sieht dem „Museum der Zukunft“ wirklich nicht an, dass es schon seit 1996 digitale Kunst und den weltweit ersten Cave – der jetzt Deep Space 8K heißt – beherbergt. Das zugehörige Ars Electronica Festival blickt gar jedes Jahr seit 1979 in die Zukunft, mit mehr als 1000 Künstlerinnen und Wissenschafterinnen aus mehr als 40 Ländern.

Kontraste durchs „Donaufenster“ und im Rücken

Baulich gespiegelt wird es durchs Kunstmuseum Lentos an der Donaulände, der „Schweizer Kiste mit Durchblick“, wie es der frühere Leiter der Neuen Galerie Peter Baum bezeichnet hatte. Die Sammlung der Neuen Galerie der Stadt Linz hat hier seit 2003 ihre Heimat mit vielen tausenden Werken im prallvollen Museumsfundus. Das „Donaufenster“ des quaderförmigen Baus setzt AEC und Pöstlingberg in einem würdigen Rahmen in Szene. 
Den Kontrast spüre ich im Rücken: Am 1844 erbauten Stifterhaus rauscht heute der Verkehr vorbei, da hatte es der Schriftsteller sicher ruhiger während jener 20 Jahre, die er hier verbrachte. Adalbert Stifters Wohnung im zweiten Stock ist heute Literaturmuseum, die Liebe zur Literatur lebt hier in jeder Fuge des Hauses, und das jeweils Innere wird oft mit Transparenten und Balkonbehübschung nach außen getragen.

Neuer Schwerpunkt im historischen Bau

Und da der mächtige Dichter nicht nur Landesschulinspektor für Oberösterreichs Volksschulen und Landeskonservator war, sondern auch Begründer der OÖ. Landesgalerie, der ersten Kulturinstitution des Bundeslandes übrigens, ist der nächste Zwischenstopp klar. Nicht täuschen lassen: Mittlerweile heißt die Landesgalerie in der Museumstraße nämlich – wieder – Francisco Carolinum. Außerdem versteckt sich im Prachtbau des Historismus aus dem Jahr 1895 seit kurzem der Schwerpunkt für die Foto- und Medienkunst des Landes. Die Wände des ehrwürdigen Gebäudes erlebten schon eine Vielzahl an abwechslungsreichen Schauen und Kunstsalons und erzitterten gar bei lauten Beats. Kaum zu glauben, so ruhig und mächtig, wie es dasteht.

Linzer Stadtschätze

Nur ein paar Minuten weiter ums Eck, kleiner und zurückhaltender, liegt das Nordico an der Dametzstraße. Vor mehr als 400 Jahren als Vorstadtpalais des Stifts Kremsmünster erbaut, zwischenzeitlich immer wieder Wohnhaus, unter anderem für Jesuiten-Zöglinge aus Skandinavien – daher der Name –, verstecken sich hinter der kleinen Vorplatzgrünoase wahre Schätze der Stadt Linz. Vom Sehnsuchtsort Wirtshaus über Donaugeschichten bis Graffiti & Bananas standen schon unerwartete Storys im Mittelpunkt zum Schauen und oft zum aktiv Beteiligen. 
Zügigen Schrittes gelange ich schließlich nach einer knappen Stunde – ehrlich, nicht mehr! – zum Hauptplatz zurück. Wer die kurzen Distanzen nicht glauben will, setzt sich jetzt noch in die Bergbahn und überblickt das Stadtgeschehen nach 18-minütiger Fahrt vom Pöstlingberg aus. Unweit der Panoramaplattform mit Weitsicht manchmal bis zu den Alpen versteckt sich übrigens die Hartlauer Fotogalerie.
Also: nicht täuschen lassen von der Tarnung! In Linz gibt’s auf Schritt und Tritt äußere wie innere Werte zu entdecken.

Gastbeitrag von Claudia Werner

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