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03.04.2024

Clubkultur beim Stream Club

Musikalisch erwacht der Frühling mit dem Stream Club, das in Linz die Festivalzeit eröffnet. Bei 70 Programmpunkten in 9 Locations wird dabei am 12. und 13. April die Clubszene gefeiert.

Stell dir vor, du schlenderst über den Linzer Pfarrplatz und hörst Anton Bruckner persönlich an der Orgel in der Stadtpfarrkirche improvisieren und entdeckst dabei ganz neue, für dich fremde Klangwelten. Vor 160 Jahren hätte das so passieren können. Stream Club, der Clubkultur-Ableger des Stream Festivals, folgt diesem Gedanken und versucht das Improvisieren und Experimentieren mit Orgel und Klängen ins Hier und Jetzt zu führen.

Wenn am 12. und 13. April internationale Organistinnen aus der zeitgenössischen Szene an der Orgel in der Stadtpfarrkirche Platz nehmen, bevor die Linzer Innenstadt zu einem gesamten Cluberlebnisraum wird, dann lässt sich vielleicht erahnen, dass die Suche nach Neuem in der Musik und Kultur heute oft gar nicht so weit weg von Bruckners bahnbrechenden Momenten in der Komposition und Improvisation ist.

Stream Club widmet sich in seiner zweiten Ausgabe neben der Suche nach Bruckners Erbe aber vor allem wieder der lokalen Clubszene und lädt in neun Locations ein, zeitgenössische Clubkultur mit ihren vielen Facetten zu entdecken. Im Zentrum stehen diesmal nicht nur Orte sondern auch Kollektive. So widmet sich das Team um den Linzer Tresor mit einem Gastspiel in der Pfarrkirche Urfahr/Grüner Anker an einem Abend der Improvisation und experimentellen Klangkunst und lädt dazu Künstler*innen wie Tintin Patrone oder Emilie Škrijelj ein. Hier werden recht unterschiedliche Zugänge geboten, die die Vielfalt und Kraft der Szene zeigen.

In eine ganz andere Richtung geht es bei den Abenden vom Kollektiv KESSL. Nicht erst seit der Pandemie hat sich Clubkultur stark in Richtung Livestreams und Videos entwickelt. Das von KESSL entwickelte Clubkultur Videoformat „Table Top Shots“ fügt bestehenden Konzepten eine neue, gestalterische Ebenen hinzu. Die Live Version von „Table Top Shot“ vor Publikum ist im Linzer Central zu erleben mit Beatrice, ANNĒ und Ferdinger, die aktuell auf internationaler Ebenen zu den up-and-coming Acts zählen. Viel lokaler ausgerichtet ist die Tätigkeit vom Linzer Club Dance Collective, auch wenn die Ursprünge des Tanzstils Waacking, dem sie sich verschrieben haben, aus Übersee kommen. Dass die österreichische Hochburg des zeitgenössischen Clubtanzes aufgrund der Workshops und Festivals des Club Dance Collectives in Linz ist, ist sehr beachtlich. Für alle, die zum ersten Mal von Waacking lesen, ist es besonders spannend, dass hier ein ganzer Abend im Central diesem Tanzstil gewidmet wird und man die Möglichkeit hat, grundlegende Elemente im vorbereitenden Warm-up kennenzulernen.

Aber was wäre Linz ohne seine, oft schon geschichtsträchtigen, Orte der Freien Szene? Und so bekommen ein paar dieser Orte bei Stream Club wieder einen zentralen Platz im Programm und präsentieren sich dort mit Programm, das exemplarisch für sie steht. Die Stadtwerkstatt veranstaltet einen Konzertabend mit Acts wie Lucy Kruger & The Lost Boys und Gaia Mobilij und einen Abend rund um Hip Hop mit Gästen wie Spilif & Band und Olinclusive. Die KAPU legt es punkiger und härter an und lädt unter anderem Nature Morte, Pfarre, Suck und Enemic Interior ein. Das Salonschiff Fräulein Florentine gehört zwar zu den jüngeren Institutionen in der Linzer Szene, hat aber schon einiges an Renommee zu verzeichnen. „Am Schiff“ geht’s bei Stream Club zwei Tage lang um die junge, lokale Drum & Bass Szene. Und auch das Solaris zeigt, was für eine wichtige Position es, trotz seiner bescheidenen Größe, in der aktuellen Clubkultur innehat und präsentiert zu Stream Club unter anderem die Berliner DJ-Legende Marc Hype.

Besonders wichtig für Stream – egal ob als Festival oder in der Club Variante – ist auch die fortwährende Kooperation mit dem Radiosender FM4. Mit seinem umfangreichen Clubkultur Programm hat der Sender die Szene in Österreich seit den Neunzigern entscheidend mitgeprägt, und so ist es sicher ein Highlight, dass die beiden Sendungen zum Thema, Unlimited und La Boum Deluxe, am 12. April live aus Linz übertragen werden. Das Ganze kann man in der Cafeteria Frédéric auf der Kunstuniversität auch live mitanhören und vor allem auch Sehen. Und natürlich ist FM4 wieder Host der ohnehin legendären Abende am OK Deck, wo es zahlreiche Live-Acts, unter anderem Poppy Fusée aus Frankreich und den Dänen Rangleklods, sowie viele (FM4-)DJs zu sehen gibt.

Mehr als 70 Programmpunkte bietet Stream Club an zwei Tagen, eine Übersicht und alle Details gibt es auf der umfangreichen Website auf www.stream-festival. Es ist der Startschuss in die Linzer Festivalsaison, bei dem man Orte entdecken kann, die man vielleicht noch nicht besucht oder Musik erleben, die man so noch nicht gehört hat. Jedenfalls ist Stream ein Treffpunkt für Musikliebhaber*innen und alle, die neugierig sind und auf lustvolle wie unkonventionelle Weise Anton Bruckner und der Clubkultur begegnen wollen. Und natürlich wird Stream Club wieder ein Treffpunkt zum gemeinsamen Feiern und sozialen Austausch – ganz im Sinne der Clubkultur und typisch für Linz, denn wenn sich diese ganz besondere, aufregende Festivalstimmung in der Stadt ausbreitet, muss man einfach dabei sein und das musikalische Frühlingserwachen miterleben.

 

Von Markus Reindl, kuratorischer Leiter Stream Club

www.stream-festival

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