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Vivian Bausch
21.11.2024

Missing Linz 41: Irgendwas bleibt, auch wenn man geht

Die Videokünstlerin Vivian Bausch ist in Linz aufgewachsen, hat an der Kunstuni studiert und feiert mittlerweile internationale Erfolge auf Filmfestivals. 2024 wurde sie mit dem begehrten Carl-Mayer-Drehbuchpreis ausgezeichnet. Warum ihr Debütfilm in Linz spielen wird und weshalb sie selbst nicht mehr dort lebt, erzählt sie im Missing Linz-Interview.

Was verbindet dich mit Linz?

Als ich sieben Jahre alt war, zog ich mit meiner Mutter von München nach Linz. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sehr mir die U-Bahn fehlte. Wir wohnten in Auwiesen im Süden von Linz und ich verbrachte meine gesamte Schulzeit in der Stadt – bis hin zur Matura am BORG.
Mit 19 zog ich dann nach Wien. Allerdings bin ich wenig später zurückgekehrt, um an der Kunstuniversität Linz zu studieren.

Wo lebst du jetzt?

Nach meinem Abschluss an der Kunstuni ging‘s 2020 weiter nach München, um die Hochschule für Fernsehen und Film zu besuchen. Und als ich 2022 einen Platz an der Filmakademie in Wien bekam, zog ich wieder um. In Wien lebe ich heute noch.

Vivian Bausch

Welche prägenden Erinnerungen hast du an deine Kindheit bzw. Jugend in Linz?

Ich erinnere mich gut an meine Solo-Rolle als Hirte in der Oper „Tosca" im Linzer Landestheater – das war unglaublich aufregend! Ich komme nicht aus einer wohlhabenden Familie, im Gegenteil. Aber ich konnte gut singen und kam auf diese Weise schon früh mit der Kunst in Kontakt. Ich finde Oper und Film haben viel gemeinsam.
Während meiner Jugend fand ich in der alternativen Szene meinen Platz. Das Punkige gefiel mir und an Orten wie Rother Krebs oder KAPU fühlte ich mich wohl. Es gab dort schräge Veranstaltungen und es wurden viele Filme gezeigt. Doch der Wunsch, Linz irgendwann zu verlassen, war damals schon präsent. Mit 16 konnte ich einen Schüleraustausch in Frankreich machen, was meine Neugier auf die Welt weiter verstärkte.

Du bist Videokünstlerin – wie kam es dazu?

Mein Stiefvater meinte irgendwann: „Mach doch was mit Kunst.“ Und der kleine Stups brachte mich schließlich zur Kunstuniversität Linz, wo ich mich für den Studiengang „Zeitbasierte und Interaktive Medienkunst“ entschied. Meine einzige Vorerfahrung im Bereich Film war, dass ich gelegentlich meine Cousine Janina Stopper am Filmset besuchte. Sie ist bis heute als Schauspielerin aktiv.

Vivian Bausch

Wie war die Zeit auf der Kunstuni für dich?

Auf der Kunstuni war ich wirklich gerne. Die Gemeinschaft war gut, das Studium war sehr frei und es war großartig zu sehen, wie sich Ideen spontan entwickeln durften. Dazu zählt auch, dass das Vorbereiten einer Ausstellung um zwei in der Früh noch zu einer Party wird. Anfangs lag mein Schwerpunkt auf Performance, aber letztendlich habe ich mit einer klassischen Dokumentation abgeschlossen.
Ich hatte oft Zweifel an mir und fühlte mich unsicher mit meinen Projekten. Doch es gab viele Menschen an der Kunstuni, die mich inspirierten und ermutigten. Dazu gehört auch Reza Rasouli, der jetzt auch mit mir an der Filmakademie Regie studiert. Oder Selim Obermüller, der mir viel Halt gegeben hat. Oder Professor Joachim Smetschka, der mich schließlich motivierte, mich an Filmschulen zu bewerben.

Inwiefern war Linz prägend für deine Karriere?

Als ich jünger war, traute mich nicht so recht aufs Crossing Europe, obwohl es quasi direkt vor meiner Tür stattfand. Ich konnte nicht glauben, dass so etwas Großartiges in meiner Stadt existiert. Das Festival war sicher prägend für mich.
In Linz gibt’s total viele tolle Künstlerinnen und Künstler. Ich habe aber das Gefühl, das wird nicht so gesehen. Anders als in Wien. Es führt auch dazu, dass man sich selbst „klein hält“. Lange dachte ich, Regie sei für mich zu groß. Nur nicht zu große Ambitionen zeigen. Ich befürchte, unser Selbstbild ist stark von dem beeinflusst, was wir glauben, wie die „Außenwelt“ uns sieht. Indem wir das auf uns projizieren, begrenzen wir uns selbst.

Aber du bist doch aus dieser Zurückhaltung ausgebrochen, erfolgreich und sichtbar geworden. Wie kam es dazu?

Die HFF in München hat dabei eine große Rolle gespielt. Dort musste ich Filme machen und zeigen, was ich kann. Ich habe gelernt, für meine Projekte gerade zu stehen und mit dem Feedback umzugehen. Das Lob hat mich gestärkt, und ich habe meine Filme sogar bei Festivals eingereicht. Mit der Zeit wurde mir klar: Je ehrlicher meine Filme sind, desto besser kommen sie an.

Vivian Bausch

Wie hast du erkannt, dass diese Ehrlichkeit gut ankommt?

Plötzlich feierte meine Dokumentation „Zuhause bei meinen Müttern“ sowie mein Kurzfilm „Tarantel“ Premiere auf dem Crossing Europe – dem Festival, auf das ich mich früher nicht getraut habe. Auch andere Festivals begannen, meine Filme zu zeigen. Mein Debütfilm „SOLDAT“, der gerade in der Planung ist, basiert ebenfalls stark auf meiner Lebensrealität. Für das Drehbuch haben Fabian Rausch und ich den Carl-Mayer-Preis gewonnen, dotiert mit 15.000 Euro, die für die Entwicklung des Buches vorgesehen sind.

Inwiefern hat dein geplanter Debütfilm mit dir zu tun? Ich habe gehört, er soll in Linz spielen.

„SOLDAT“ enthält einige biografische Elemente, ist jedoch weit von einer reinen Biografie entfernt. Die Geschichte hat sich aus einem gewissen Schamgefühl heraus entwickelt, nahm dann aber viele Wendungen. Der Film ist stark verbunden mit den Orten und Menschen in Linz. Dennoch könnte die Geschichte des jungen Mädchens auch in einer anderen Stadt spielen. Zum Beispiel in Laval, der französischen Stadt, in der ich meinen Auslandsaufenthalt mit 16 hatte. Interessanterweise ist mir bei meinem letzten Besuch aufgefallen, wie ähnlich Laval in vielen Aspekten meiner Heimatstadt Linz ist – etwas, das ich früher nicht bemerkt hatte. Oder nicht bemerken wollte.

Und wie geht’s dir mit dem Fortschritt?

Ich bin froh, dass ich inzwischen FreibeuterFilm als Produktionsfirma gefunden habe. Die ist richtig gut. Gleichzeitig bin ich natürlich nervös, weil es nun immer konkreter wird.

Vivian Bausch

Welche Orte in Linz empfiehlst du Cineastinnen und Cineasten?

Definitiv das Crossing Europe Filmfestival und das Linzer Short Film Festival, das übrigens meine Studienkollegen Parisa Ghasemi und Ashkan Nematian gegründet haben. Außerdem das Movimento, das City-Kino und natürlich besondere Orte wie das Lichtspiele, von dem ich hoffe, dass es noch existiert. Und natürlich das Ars Electronica Center, da gibt’s auch oft Filmisches zu sehen.

Und wo verbringst du sonst gerne Zeit, wenn du Linz besuchst?

Ich liebe das Salonschiff Fräulein Florentine und den Ramen-Laden Ichi Go Ichi E. Ab und zu bin ich auch im Café Mayer oder im Café Stern. Und ich kann dem Frozen Yogurt von DODs einfach nicht widerstehen – ich glaube, ich bin süchtig danach! Außerdem spaziere ich gerne am Freinberg oder durch den Winterhafen.

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Was empfiehlst du Freunden, die ein Wochenende in Linz verbringen möchten?

Zuerst sollten sie sich den Film Linz ist Linz anschauen – der macht richtig Lust auf die Stadt! Dann rauf auf den Pöstlingberg gehen und runter schauen, anschließend durch die Stadtteile schlendern, Konzerte besuchen, vielleicht das tolle Bruckner Orchester anhören oder auch ins Landestheater oder Musiktheater gehen. Ein Besuch im Schlossmuseum lohnt sich ebenfalls. Und natürlich darf ein Stopp bei Leberkas-Pepi um drei Uhr früh nicht fehlen – ich glaube, den Leberkäse gibt es jetzt sogar vegan!

Was ist typisch Linz für dich?

Lieb, aber doch immer etwas dark.

Vivian Bausch

Vivian Bausch

Geboren 1992, ist sie in Linz aufgewachsen, hat am BORG maturiert und später die Kunstuniversität Linz mit Schwerpunkt „Zeitbasierte und Interaktive Medienkunst“ abgeschlossen. Derzeit studiert Vivian Bausch Regie und Schnitt an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München und absolviert gleichzeitig ihr Masterstudium in Regie an der Filmakademie Wien. Ihre Kurzfilme wurden bereits auf Festivals wie dem Crossing Europe, dem Max Ophüls oder der Diagonale gezeigt. Im Jahr 2024 erhielt sie zusammen mit Fabian Rausch den Carl-Mayer-Drehbuchpreis für „SOLDAT“.

Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".

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