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Clemens Haslinger
13.02.2025

Missing Linz 43: Nie ganz da, nie ganz weg

Obwohl Clemens Haslinger nie in Linz gelebt hat, verbinden ihn besondere Geschichten mit der Stadt. Im Interview erzählt der Gründer des Schuhfachgeschäfts Achill & Söhne von Projekten wie dem „Nowhere Train“, der durch Österreich zog und in einem Baumhaus bei Linz09 stoppte, über VOEST-Luft als Mitbringsel für den Opa, und warum er auch in Linz einen Shop eröffnet hat.

Clemens, du bist unweit von Linz aufgewachsen, doch deine Biografie hat dich nie für längere Zeit nach Linz geführt. Warum eigentlich?

Vielleicht hängt es damit zusammen, dass ich für die Oberstufe nicht nach Linz, sondern nach Steyr in die HBLA für Kultur- und Kongressmanagement gegangen bin. Doch ich war schon damals oft in Linz – mit der Schule und privat. Ich war außerdem im Amateurfilmer-Club in Linz und durfte dort Videos schneiden. Für eine Projektarbeit über Josef Hader konnte ich im ORF-Landesstudio mit den Originalaufnahmen arbeiten. Später ging ich nach Wien, doch Linz war immer sehr präsent in meinem Leben. Ich war nie ganz weg, aber auch nie ganz dort.

Was hat dich in deiner Jugendzeit nach Linz gezogen?

Ich brannte schon damals für Kultur. Die Museen, die Konzerte im Posthof, die Kapu, das Solaris im OK Zentrum, das Ausgehen, Hip-Hop, die Musik von Texta und noch vieles mehr. Auch während meiner Studienzeit war ich oft in Linz – auch um Freunde zu treffen.

Clemens Haslinger bei Videodreh

Nach deinem Kulturmanagement-Studium hast du das KÖR, also Kunst im öffentlichen Raum, in Wien mitaufgebaut. Wie war das?

Das war unglaublich spannend für mich. Es war gerade in Gründung, und ich durfte als Schnittstelle agieren – zwischen internationalen Künstler*innen, exzentrischen Kurator*innen, den oft fordernden Menschen vom Bau und dem politischen Büro. Ich mochte das sehr, doch es wurde dann von der Politik zeitweise eingestellt. Eines meiner liebsten Projekte aus dieser Zeit ist die Medieninstallation „Pi“ in der Karlsplatzpassage. Das kennen viele vom Vorbeigehen.

Anschließend wechselte ich in die Kunstgalerie Grita Insam. Ich begleitete die Galeristin zu Messen, z. B. in Paris oder Mexiko. Insgesamt empfand ich den Kunstbetrieb aber als ungesundes Umfeld, aus dem ich rasch wieder wegwollte.

Und jetzt verkaufst du Schuhe und Schuheinlagen. Der Weg dorthin scheint mir nicht selbstverständlich. Wie ist es dazu gekommen?

Irgendwann war mein erster Sohn unterwegs und ich musste mir überlegen, welchen Job ich in Zukunft machen möchte. Zwischenzeitlich hatte ich die Filmproduktionsfirma „Jenseide“ mit meinem Freund gegründet. Zum Beispiel haben wir das Musikvideo für den Linzer Rapper KAYO gedreht, bei dem die Größen der heimischen Hip Hop-Szene mitgemacht haben. Ich arbeitete projektbezogen und sehr unregelmäßig. Ich brauchte etwas Stabiles, etwas Geregeltes.

Und wie kam es dann zu den Schuheinlagen?

Meine Schwiegermutter war Vertreterin für Gesundheitsschuhe. In Gesprächen mit ihr ist mir klar geworden, dass hier etwas fehlt. Niemand will seine Schuhe in einem Umfeld von Urinflaschen und Windeln kaufen. Und dann hatte ich noch ein inspirierendes Treffen mit Willy Jurtin, dem Gründer der Jurtin-Schuheinlage. Beides gemeinsam motivierte mich zusammen mit einem Freund den Shop „Achill & Söhne“ in Wien zu eröffnen. Das war vor 12 Jahren. Eine gute Entscheidung!

Clemens Haslinger bei Shopsanierung

Seit drei Jahren gibt’s einen „Achill & Söhne“-Shop auch in Linz. Warum gerade hier?

Wenn man so lange weg ist, hat man schon ein bisschen Sehnsucht. Außerdem haben Freunde von mir einen Shop in Linz, das Showfashion-Geschäft „Kleider machen Leute“. Ich fand das so toll, auch die Lage und was sich in der Stadt kulinarisch und kulturell tut. Da wollte ich auch einen Laden haben.

Apropos Sehnsucht. Woran erinnerst du dich besonders gerne, wenn du an Linz denkst?

Da kommt mir sofort eine Kindheitserinnerung. Mein Opa hat in der VOEST gearbeitet, wollte aber nie nach Linz reinfahren. Wenn wir dann mit Oma zum Einkaufen in die Stadt gefahren sind, hat sie auf Höhe der VOEST immer gesagt: „Kinder, lasst die Autofenster runter, wir nehmen dem Opa VOEST-Luft mit.“ Und die war damals noch wirklich sehr stinkend.

Nowhere Train

Du hast zu Linz09 einen Beitrag geleistet: „Nowhere Train“. Erzähl, was hat es mit diesem Zug auf sich?

Der Nowhere Train, bestehend aus fünf Musikern, zwei Filmern und dem Autor und Kabarettisten Hosea Ratschiller („Pratersterne“), tourte mit dem Zug durch Österreich und berichtete von Konzerten an ungewohnten Orten, z. B. Bauernhof, Gefängnis, Badeinsel. Das war ein Spaß! Ich finde, Linz09 hat eine so großartige Entwicklung in der Stadt angestoßen! Aus dem Projekt ist auch ein Film entstanden. 

Wenn du heute nach Linz kommst, wo hältst du dich gern auf?

Im Gelben Krokodil esse ich gerne. Und der Pfarrplatz mit seinen netten Cafés ist ein Ort, den ich besonders mag. Während ich das neue Geschäft aufgebaut habe, bin ich auch oft über Nacht geblieben. Da war am Feierabend Zeit für Kultur, fürs Joggen am Freinberg oder Freunde treffen an der Donaulände oder am Schlossberg. Außerdem düse ich gerne mit dem City Bike durch Linz – das ist echt praktisch, um sich durch die Stadt zu bewegen.

Gibt es etwas, was du immer machst, wenn du nach Linz kommst?

Ich geh gleich mal in eine gute Bäckerei, beispielsweise zum Brandl, zur Naturbackstube Honeder oder zu brotsüchtig. Das Angebot an tollen Bäckereien ist ein Wahnsinn in Linz!

Nowhere Train

Wie oft kommst du nach Linz? Und welche Gründe gibt’s zurückrückzukehren – für einen Tag, ein Wochenende, für immer?

Natürlich mein Shop – da bin ich allerdings, seit es so rund läuft, nur noch zwei Mal pro Monat. Und sonst komme ich nach Linz, um Freunde und Familie zu sehen. Meine Schwester lebt dort. Und mit meinem Schwager und den Neffen, sie sind FC Blau-Weiß-Fans, geh ich liebend gern zu Fußballspielen. Das neue Stadion ist toll! Und beim Pflasterspektakel versuche ich auch jedes Jahr dabei zu sein.

Welche Tipps würdest du Freunden geben, die nach Linz reisen? Was sollen sie keinesfalls verpassen?

Sie sollten durch die Herrenstraße und die Spittelwiese bummeln. Da gibt’s tolle Shops zu entdecken. Für eine Kaffee-Pause sind Friedlieb & Töchter, Kaffee Mayer und die Gerberei super. Gerne empfehle ich auch das Ars Electronica Center, das Schlossmuseum, das Lentos Kunstmuseum und Nordic Stadtmuseum. Oder ein Konzert im Posthof. 

Was ist typisch Linz für dich?

Linz fühlt sich wie Wien im Miniaturformat an. Alles ist fußläufig erreichbar, und selbst vom innersten Stadtzentrum aus hat man einen Blick auf den grünen Pöstlingberg. Die Stadt ist weniger dicht, ruhiger und entspannter. Besonders schätze ich die freundlichen Menschen.

Clemens Haslinger vor seinem Shop

Clemens Haslinger, wurde 1979 in Linz geboren, ist in Windhaag bei Perg aufgewachsen, in Steyr in die HTBLA gegangen und hat in Wien und Kufstein studiert. Nach beruflicher Tätigkeit in den Bereichen Film und bildende Kunst, widmet sich Clemens Haslinger seit über einem Jahrzehnt der Fußgesundheit. Gemeinsam mit Helmut Riegler gründete er 2011 „Achill & Söhne" in Wien. Im Herbst 2021 eröffneten sie eine Niederlassung in Linz. Clemens verbringt gerne Zeit in der Natur, hauptsächlich in Wien und Oberösterreich.

Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".

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