Berni Wagner, was verbindet dich mit Linz?
Ich habe in der Biesenfeldsiedlung auf der Urfahraner Seite die ersten sechs Jahre meines Lebens verbracht, in einer kleinen Welt bestehend aus Kindergarten, Spielplatz, meinen Eltern und meinen Geschwistern. Danach sind wir nach Gallneukirchen gezogen, also etwa 15 Kilometer weit weg, und nur noch für besondere Adventures, wie zum Einkaufen, nach Linz gefahren. Ich erinnere mich an den bellenden Plüschhund vor dem Spielzeuggeschäft Zechel. Den kenn jeder. Das war meine Landmark, mein Orientierungspunkt in Linz. Dort habe ich auch mein erstes Pokémon-Spiel bekommen.
Die Gym-Zeit habe ich wieder in Linz verbracht. Als Schüler am Kepler-Zweig im Europagymnasium Auhof war ich ein schwieriger Fall. Das bestätigen Freunde, die heute als Lehrkräfte arbeiten. Ich hatte gute Noten. Aber auch besonders gute Einfälle, um die Fadheit zu bekämpfen.
Wie war deine Jugendzeit in Linz? Was hast du gemacht, was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Als erstes fällt mir der Grundkurs im Paartanz ein und die dazugehörigen Flirts. Zum Glück waren mehr Mädls als Buben dort. Dann ging das Ausgehen in der Altstadt los, wo es damals noch viele Schlägereien gab. Das fand ich allerdings nicht so prickelnd. Es war wie in einer Mortal Kombat-Arena. In der Altstadt trafen einfach alle aufeinander – egal welcher Subkultur, welcher Schicht, welchem Fußballclub sie angehörten. Ich war meistens mit einer Freundin unterwegs – in Begleitung einer Frau fühlte ich mich sicherer. Ich hatte wohl Glück, da immer glimpflich davongekommen zu sein. Im Sommer war das Ausgehen viel relaxter und hatte mehr Hippie-Feeling. Wir verbrachten die meiste Zeit an der Donaulände mit selbst gekauftem oder selbst gepanschtem Alkohol. Und immer wieder auch damit, Leute aus der Donau zu ziehen.
Hardcore-Punk war das, was mir gefiel und wo ich mich zugehörig fühlte. Ich bevorzugte Orte wie Ann & Pat, den Kultur Hof, die KAPU, und den Posthof. Außerdem ging ich total gerne ins Kino.
Wie kamst du zum Kabarett?
In der Volksschule gab es regelmäßig Theateraufführungen. Ich stand schon immer gerne auf der Bühne. Und es machte mich auch als Schüler erträglicher. Später spielte ich in Bands und in einer Amateurtheatergruppe. Ich fühle mich auf der Bühne noch immer sicherer als sonst. Auch wenn das für viele vielleicht nicht ganz nachvollziehbar ist.
Nach der Matura wollte ich etwas Künstlerisches machen und dachte, dafür muss man nach Wien gehen. Allerdings bin ich beim Max Reinhardt Seminar und der Film Akademie nicht angenommen worden. Deshalb entschied ich mich für das Bio-Studium, das war der Plan B. Nebenher probierte ich immer wieder etwas auf der Bühne aus, schließlich wurde es das Kabarett.
Mein erster größerer Auftritt war übrigens im Linzer Solaris beim Poetry Slam – ich glaube, das war 2012. Außerdem fand die Premiere von „Galápagos“, meinem bisher wohl erfolgreichsten Stück, im Posthof statt.
Hat deine Karriere mit Linz zu tun? Was hat dich und deinen Stil geprägt?
Ich glaube, nirgends in Österreich trifft Stadt und Land so ergiebig aufeinander. Es hat was, wenn mir Menschen im tiefsten Dialekt den Feminismus erklären.
Mir wird unter anderem nachgesagt, dass die Kombination aus Verständnis und gleichzeitigem Unverständnis für Stadt und Land in meinen Stücken besonders gut zu spüren ist. Das hat sicher auch mit Linz zu tun und der direkten Reibung der gesellschaftlichen Strömungen. Zum Abkapseln war Linz – zumindest zu meiner Zeit – einfach doch zu klein. Eine Auseinandersetzung und Selbstpositionierung ist nötig.
Du lebst seit 2010 in Wien. Ist Linz zu klein für Kabarettisten?
Es wird gemunkelt, dass es eine Oberösterreicher-Mafia in der Wiener Kabarett-Szene gibt, weil so viele von uns dort leben. Das hat bestimmt mit den vielen Bühnen und Möglichkeiten in Wien zu tun und damit, dass das Zentrum der österreichischen Medienlandschaft dort ist. Außerdem ist es ja nicht weit nach Hause. Es gibt wahrscheinlich gleich viele Linzer in Wien wie Linzer in Linz.
Gibt es Gewohnheiten – etwas, was du immer machst, wenn du nach Linz fährst?
Wahrscheinlich bin ich fast jedes Mal bei Press & Books am Bahnhof. Irgendein Last-Minute-Geschenk brauche ich immer. Dann gehe ich durch die Landstraße, schaue, was anders ist, und wie die jungen Leute heute so sind. Ich gehe aber kaum irgendwo rein, außer beim Francesco, um mir eine Pizzaschnitte zu holen. Inzwischen ohne Fleisch, durch meine Show „Galápagos“ bin ich zum Vegetarier geworden. Wenn mir Zeit bleibt, setze ich mich an die Donaulände. Immer noch ein großartiger Ort! Danach mache ich mich weiter auf den Weg zum Posthof, wo ich entweder selbst einen Auftritt habe oder mir etwas anschaue.
Auftritt von Berni Wagner in der ORF1 Sommerkabarett Aufzeichnung "Gemischter Satz" im Wiener Schutzhaus Zukunft
Im Oktober hast du drei Auftritte in Linz. Das klingt nach Taylor Swift oder Coldplay. Hast du dort eine große Anhängerschaft?
Es kennen mich halt viele von früher. Es ist immer etwas Besonderes, vor Freunden und Familie zu spielen. Da bin ich schnell mal der Sohn der Nachbarn, der Cousin der Cousine oder der Ex-Volksschul-Theatergruppen-Kollege. Ein bisschen nervös macht mich das schon.
Die beiden Aufführungen von „Galápagos“ am 2. und 3. Oktober im Kultur Hof zählen zu den letzten überhaupt. Seit der Premiere 2021 in Linz ist das Stück stetig im Wandel. Ich habe bestimmt eine Dreiviertelstunde vom Stoff gestrichen, und trotzdem ist es nicht kürzer. Wer die Finalversion kennenlernen möchte, hat also jetzt noch Gelegenheit! Am 21. Oktober komme ich gemeinsam mit Sonja Pikart und Christoph Fritz für eine Halloweenshow nach Linz. In „Ghöst“ erzählen wir den Leuten von den paranormalen Bedrohungen in Österreich, lassen sie dann aber ziemlich allein damit. Ein sehr lustiges Stück.
Was empfiehlst du Freunden, wenn Sie nach Linz fahren?
Auf jeden Fall ab ins Ars Electronica Center! Danach auf den schönen Stiegen vor dem Gebäude sitzen und nachschauen, welche Konzerte stattfinden. Linz hat fast jede Woche richtig super Events zu bieten. Da fällt mir gleich das Crossing Europe Filmfestival ein. Es ist immer was los und es gibt jede Menge zu entdecken!
Was ist typisch Linz für dich?
Die schwebende Leberkas-Pepi-Semmel am Hauptbahnhof. Nur leider hängt die dort nicht mehr! Eine Schande! Ich bin für eine Petition zur Wiederaufhängung. Nein, eigentlich ist es die Herzlichkeit der Menschen in Linz. Die empfinde ich so, auch wenn den Oberösterreichern eher Schroffheit nachgesagt wird.
Bernhard „Berni“ Wagner wurde am 24. Juli 1991 in Linz geboren, zog im Alter von sechs Jahren ins nahegelegene Gallneukirchen und besuchte später das Europagymnasium Auhof in Linz. Nach der Matura und dem Zivildienst studierte er Biologie in Wien.
Von klein auf stand Berni gerne auf der Bühne – zunächst als Schauspieler und Musiker, später als Poetry-Slammer und heute als Kabarettist. Bereits 2013 erhielt er den Grazer Kleinkunstvogel (Jury- und Publikumspreis). Von 2015 bis 2017 war er Ensemblemitglied in der „Langen Nacht des Kabaretts“.
Inzwischen ist er regelmäßig im Fernsehen zu sehen, unter anderem in „Pratersterne“, „Im Vereinsheim“, „ORF Sommerkabarett“, „Kabarettgipfel“ und „Was gibt es Neues?“. Zudem schrieb er für verschiedene Comedy- und Kabarettformate des ORF.
Für sein Stück „Galápagos“ erhielt Berni 2022 den Programmpreis des Österreichischen Kabarettpreises.
Ein Gastbeitrag von "jungskommunikation".
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