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22.05.2018

Heimsieg im Legenden-Zentrum: Kreisky in der Stadtwerkstatt

Dominika Meindl hat ein Konzert mit "Kreisky" in der Stadtwerkstatt besucht. Das Lokal nahe der Donau ist seit Jahrzehnten ein Treffpunkt und ein beliebtes Kulturzentrum.

In der Stadtwerkstatt ist es heiß und finster und eng wie in einer Sardinenbüchse, die jemand in die Sauna gestellt hat. Franz Adrian Wenzl tropft der Schweiß von den Brauen, als er ins Mikro schreit: „Und wann sind wir endlich daheim?!“ Aus hunderten Kehlen schreit es beglückt zurück: „Wir sind nie daheim!“ Die Fans haben die Songs von Kreiskys neuer Platte „Blitz“ goutiert (große Empfehlung, übrigens), zum Schluss serviert ihnen das Indie-Rock-Quartett den bewährten Rausschmeißer „Dow Jones“. Furioses Finale eines furiosen Konzerts. Band und Publikum sind erledigt. Trotzdem feiern die vier baumlangen Herren ihren Heimsieg nicht im Backstagebereich, sondern mischen sich gleich unters Volk. Die Menge liebt „Kreisky“, und „Kreisky“ lieben Linz, obwohl Wenzl, Martin Offenhuber, Klaus Mitter und Helmuth Brossmann ihre Lorbeeren schon länger anderswo verdienen. Obwohl Wien doch ein paar Bühnen mehr zu bespielen hat. Obwohl das deutsche Feuilleton einen Narren an der grimmigen Kapelle gefressen hat.

Die musikalischen Wurzeln der Band liegen in Linz. Und alle, die in der Stahlstadt nicht im Mainstream schwimmen möchten, treibt es automatisch in die Stadtwerkstatt am Donauufer. Wer unter tags vor der kleinen Bühne steht, mag gar nicht glauben, was für eine Wucht ein Konzert hier entfalten kann. Das Haus in der Kirchengasse ist einer der wenigen erhaltenen Altbauten in Urfahr-West; der Verein betreibt das älteste autonome Kulturzentrum der Stadt. Seit 1979 gastieren hier verdiente Legenden genauso wie aufregende Nachwuchskräfte – dem Programm sind die Jahrzehnte nicht anzumerken, es gibt immer auch Experimentelles und Neues zu entdecken. Gibt's einmal keine Lesung, keine Musik, keine Party, keine Performance, sitzt es sich entspannt im Café Strom oder draußen auf dem Vorplatz. Profis kaufen sich bei Schönwetter ein Getränk an der Bar, setzen sich auf die Stufen des AEC und überwachen das Stadtleben von hoher Warte aus. Definitiv eines der Premium-Grätzl der Stadt.

Zum Kreisky-Konzert sind vergnügungswillige Jugendliche gekommen, aber auch Fans der ersten Stunde und viele, die gemeinsam mit der Stadtwerkstatt durch die Jahre gegangen sind. Die vier Kreiskys steigen vor dem Auftritt noch ins Foyer herunter, um entspannt mit Freundinnen und Bekannten zu plauschen. Die persönliche Freundlichkeit der Herren steht in schönem Gegensatz zur Dringlichkeit ihrer Musik. „Der Sänger von Kreisky, das ist ja auch eine Rolle“, sagt Wenzl, der als Austrofred noch ganz anders kann. Die Worte, die er zwischen den Songs später ans Volk richten wird, sind so streng wie lustig. „Jetzt darf sich jemand was wünschen!“, verkündet Wenzl, sofort werden Titel wild durcheinander gerufen. „Mit jemand habe ich mich gemeint!“ grantelt er, „jetzt kommt Asthma, das ist unser bestes Lied!“ Schroffe Riffs übertönen den Jubel.

Als das Set durch ist und das Publikum vor der leeren Bühne schon minutenlang klatscht, kommen Wenzl und Kollegen endlich zurück ins Rampenlicht. „Jetzt hab' ich eine Frage“, tadelt er, „ist das Wort 'Zugabe' denn altmodisch geworden, sagt ihr das nicht mehr?!“ Die Meute lacht und ruft pflichtbewusst „Zugabe! Zugabe! Zugabe!“ Die kriegt sie dann auch, bis am Ende eben alle miteinander die Ausgeh-Hymne singen: „Wir sind nie daheim!“

Stadtwerkstatt Linz

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