VISIT LINZ
Das Gelände der voestalpine Linz in der untergehenden Sonne.
14.03.2019

Revue einer Kulturfolgerin

Die Präsidentin schnürt durch die Freie Szene der Stahlstadt!

Damen und Herren, geliebte Völker, verehrte Gäste!

Bestimmt geht Ihnen die Frage um, wie die Bundespräsidentin der herrlichen Alpenrepublik – die zu sein ich seit zwei Jahren per Eigenausrufung zu sein habe – dazu kommt, im Blog des Tourismusverbandes Linz Verlautbarungen zu machen. Vielleicht ist Ihnen die Berichterstattung in internationalen Qualitätsmedien entgangen, dass es eine meiner ersten Amtshandlungen war, den Herrschaftssitz von Wien nach Linz zu verlegen. Warum? Nun, die Bundeshauptstadt kommt gut ohne meine permanente physische Anwesenheit aus, es gibt ja moderne Kommunikationsmittel. Zum anderen hängt mein Herz an der Stahlstadt. Während man in Wien ein wenig Angst vor der Mächtigkeit der Donau hat, umarmt man den Strom in Linz, man öffnet ihm das Zentrum, die Bevölkerung lagert zahlreich an seinen Ufern. Außerdem! Können Sie von Wien aus einen Berg erblicken, irgendeinen? Bei guter Wetterlage können wir von Linz aus binnen eines Augenblicks geistigen Urlaub in den Alpen machen, die Bravsten von uns rennen sogar nach der Schicht in der Voest noch auf den Traunstein.

Das war natürlich geschwindelt (das mit der Präsidentschaft, nicht das mit der Liebe zu Linz) – aber ich produziere von Berufs wegen eben Fiktion, selbst schuld, wenn Sie mir glauben! Doch nun zum Eigentlichen, sonst verschreibe ich mir noch den ganzen Platz, den man mir für das wichtigere Anliegen freigeräumt hat: Hier erscheint fürderhin im Monatstakt eine kleine, subjektive Revue, ein Best-Of aus dem mannigfaltigen Kunstwollen der Stadt.

Dieses muss unbedingt mit dem Wurst-vom-Hund-Ball in der Stadtwerkstatt beginnen. Was für ein Glanz, was für ein Glitzer! Gut, ein Hauch Ironie liegt schon über dem Geschehen. Da haben Paare das Outfit getauscht und sprechen darüber, dass ihm ihr Ballkleid eigentlich besser passt. Da zwängen sich reife Herren in ihre hoffnungslos altmodischen, und doch schon wieder schicken Maturaanzüge und nähen sich überall Blümchen dran. Damen drängen sich tanzend um ein riesiges Eisstanitzel („Eisdisco“). Man tanzt und trinkt in einer Dekoration, die sich bei näherem Augenschein als spannender entpuppt als so manche Vernissage. Im Saal legen Superwomen auf, die Mitternachtseinlage kommt von der Gesangskapelle Hermann und Performance-Altspatz Didi Bruckmayr hält eine aufwühlende Rede. Dann wird wieder getanzt, als gäbe es allen Platz der Welt, dabei muss man beim  Wurst-vom-Hund-Ball auf Tuchfühlung gehen. Was wiederum sehr charmant ist, nicht umsonst ist Vielfalt das Motto. Die Einnahmen des Balls kommen dem Verein SOS Menschenrechte zugute, der im Mai sein „Haus der Menschenrechte“ eröffnet. Mit beiden Bundespräsidenten (also Van der Bellen und Dominika Meindl), einträchtig vereint.

Die langen Nächte des ausgehenden Winters wissen auch die Literatinnen und Literaten zu nutzen. So lud die größte Schriftstellerinnenvereinigung des Landes zur „Langen Nacht der Grazer Autorinnen Autoren Versammlung“ (GAV Oö) in den Festsaal der Arbeiterkammer. Vielfalt war auch hier das Motto – von Passagen aus unveröffentlichten Romanen, politischen Scheltreden über satirische Dante-Varianten bis kompletten Mini-Dramoletten wurde die ganze Bandbreite präsentiert. Zu Mitternacht sind dann alle Beteiligten leicht ermattet, aber auch beglückt über das präsentierte Schreib-Schaffen. Dieselbe Textmenge, nur auf drei Abende in drei Wochen verteilt präsentierten Mitglieder der GAV Oö. bei der seit Jahrzehnten etablierten Reihe „Hommagen“. Hier sprechen Dichter über Dichter, und zwar mit Herzblut.

Und dann waren wir im Kepler Salon, einem der schönsten Erbstücke aus dem Kulturhauptstadtjahr (mehr darüber demnächst in einem eigenen Eintrag). Die junge Künstlerin und Programmiererin Rosi Grillmair schaffte es, bei „Code and Poetry“ auch wenig computeraffinen Menschen etwas von den spielerischen, kreativen Möglichkeiten der Maschinensprache näher zu bringen.

Schließlich gab es noch eine Lesebühne – sehen Sie mir den Eigennutz nach, immerhin stehe ich dort auch auf der Bühne. Wichtiger sind aber ohnehin die Themen („Aufklärung“) und die allmonatlichen Gäste (Simon Tomaz). Es war wie immer sehr schön, das liegt zu 45 Prozent am lieben, eifrig mitmachenden Publikum.

Nun aber bleiben Sie mir gewogen, ich muss mir die Schärpe richten und den Frack anziehen, die Amtsgeschäfte drängen!
Es verbleibt ganz die Ihre: Präsidentin Meindl

Alternative Ballerlebnisse im Cafe Strom
Lesung und Unterhaltung in der Freien Szene.
Die Lesebühne Linz
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