VISIT LINZ
04.04.2019

Luxusprobleme in der Riesengrotte

In Auwiesen befindet sich eine große Kletterhalle für Kletter-Fans und alle, die es noch werden wollen. Neben den angebotenen Kursen, ist es auch eine abwechselnde Freizeitgestaltung. Dominika Meindl erzählt von ihrem aufregendem Besuch.

Auwiesen prunkt mit Oberösterreichs größter Kletterhalle

Ich nehme sehr gerne Neulinge mit nach Auwiesen. Nicht nur, um ihnen eine meiner drei Top-Freizeitbeschäftigungen vorzustellen. Es ist ihr Blick, wenn sie die Tür zur Kletterhalle zum ersten Mal aufmachen und verwundert den Kopf heben. Von außen wirkt der Sportpark unauffällig, der seltsamen kubische Ausbeulung am Dach ist nicht anzumerken, welche Schätze sie in ihrem Inneren birgt. Und der lange, lange Linoleum-Gang verheißt auch noch nicht viel (außer man bäckt gerade in der Pizzeria, aber man lasse sich noch nicht vorzeitig vom Duft verlocken). Ich halte den Kletternovizen schließlich die Türe auf und hebe meinen Arm, ich zeige auf die bunte, vertikale Pracht wie ein Zwergenkönig auf sein Reich in der Riesengrotte.

Klar, man kann das Innere der Kletterhalle auch etwas nüchterner beschreiben: Betrieben von den Naturfreunden Linz, 1850 Quadratmeter Grundfläche, 2700 Quadratmeter Kletterfläche, 16,5 Meter Wandhöhe. Doch da sind wir schon wieder bei den Superlativen. Auwiesen war lange die größte Kletterhalle Österreichs, heute liegt sie auf Platz 2. Sie ist seit ihrer Eröffnung 2001 gemeinsam mit dem Boom des Sports selbst stetig gewachsen. Wer wie ich praktisch von Beginn an dabei ist, bemerkt auch, wie seither das Niveau der Sportler gestiegen ist. Leider nicht das eigene, dafür aber die Leistungsspitze des Nachwuchses. Ich sehe den Leistungssportlern beim Training zu und bekomme manchmal vor Staunen den Mund nicht zu. Ich durfte lernen, dass mangelnde Körpergröße definitiv keine Ausrede bietet, einen Griff nicht zu erreichen. Die Kleinen springen gegebenenfalls einfach wie die Flöhe und bleiben elegant an kaum sichtbaren Ausbuchtungen im Überhang haften. „Da ist kein Griff! Habt ihr noch keine Physik in der Schule? Weißt du nicht, was Schwerkraft ist?!“ rufe ich ihnen im Geiste oft zu.

Und doch – obwohl an einem selbst die Schwerkraft alljährlich stärker wirkt, lässt die Freude am Klettersport nicht nach. Man kann ja dank Yoga und Technik die eigene Leistungsgrenze um Millimeter verschieben. Man könnte natürlich weniger Pizza essen und Bier trinken, aber wofür? Ein wichtiger Grund für die anhaltende Motivation ist ja vor allem das Gefühl, das mir, dem Kletterzwerg, diese bunte Riesengrotte vermittelt. Der Umgang der Kletterer untereinander ist freundlich und entspannt. Die einen tragen funkelnagelneue, frisch gewaschene, topmodische Funktionskleidung. Die anderen (=ich) alte Jeans und seltsame T-Shirts. Egal! Die Kletterhalle ist im Lauf der Jahre zu meinem zweiten Wohnzimmer geworden. Zwischen den einzelnen kleinen Kraftakten ist es nämlich ungemein gemütlich auf den vielen Matten. Wenn ich gar zu lange liege, kommt verlässlich jemand vom Kletterhallen-Team vorbei und amüsiert sich über meine ganz persönliche Kombination von Auspowern und Chillen.

Die Kletterhalle bietet 2000 Quadratmeter Vorstiegsfläche und ungefähr 550 Routen im Schwierigkeitsgrad von 3+ bis 8a+. Wer sich das nicht vorstellen kann: Die Herausforderung schwankt gleichsam zwischen dem Besteigen einer sechs Meter langen Leiter (3+) oder dem von 25 Metern überhängender Raufasertapetenwand (8a+). Die Autorin hängt im Übrigen seit Jahrzehnten an der berühmten gläsernen 6b-Decke, die gemütliche Hobbykletterer von den begabten oder fleißigen (oder weniger Bier und Pizza essenden) Raufaser-Profis trennt. Von den insgesamt rund 80.000 Griffen in Auwiesen bleiben wahrscheinlich nur die obersten in diesen Schwierigkeitsgraden unberührt.

Die Kletternovizen stehen vor einem riesigen Trainingsangebot, um mindestens bis zur gläsernen Decke zu steigen. 120 Routen sind mit Top-Ropes versichert, da kommt das Seil also schon von oben, die kleine Aufregung des Vorsteigens entfällt. Als äußerst beliebt hat sich binnen Kurzem die Wand mit den vier Selbstsicherungsgeräten erwiesen. Man hängt einfach die Karabiner in den Gurt und klettert los – oben muss man sich beim ersten Mal überwinden, um sich einfach in das Seil fallen zu lassen. Sanft befördert die Apparatur einen wieder in die Horizontale. Das gefällt nicht nur den Schnuppernden, sondern den Fortgeschrittenen, die ohne Seilpartner zum Routenklettern kommen.

Was beim Bouldern ohnehin Programm ist. Hier braucht man niemanden zum Sichern, die Routen sind so kurz, dass man sich vom letzten definierten Griff hinunter in die dicken Matten fallen lassen kann. In der Kürze liegt aber die Würze – je kürzer, desto knackiger können die Herausforderungen ausfallen. Kein Wunder, dass die Boulder-Routen sich „Probleme“ nennen. Ich finde: In Linz haben wir 150 Luxusprobleme. Das manchmal schon fast akrobatische Klettern ohne Seil erfreut sich seit einigen Jahren verständlicher Beliebtheit, und entsprechend ist der Boulderbereich in Auwiesen auf 700 Quadratmeter angewachsen. Sobald die findigen Routenschrauber neue Probleme ersonnen haben, tummelt sich die Szene und tüftelt gemeinsam an den Lösungen. Von all den Sparten des Klettersports ist das Bouldern bestimmt die kommunikativste. Das ist – ganz nebenbei bemerkt – auch unser Service-Tipp an sportliche Singles...

Kletterhalle Auwiesen

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